Die bislang verschollene erste Quelle zum Rom-Aufenthalt des Dresdner Künstlers und Mozart-Portraitisten

Grassi, Joseph, Portraitist und Miniaturmaler (1757-1838). Notizbuch mit 55 eigenhändig beschriebenen Seiten.

Rom, 1808-1810 sowie 1816-1821.

51 nicht numerierte Bll. Roter Maroquinband, dreiseitiger Goldschnitt, grüne Moiréeseidenvorsätze. Der eigenh. Namenszug Grassis im vorderen Innendeckel. Kl.-8vo.

 25.000,00

Das bislang verschollene persönliche Notizbuch des zu den bedeutendsten Portraitisten seiner Zeit zählenden und heute vor allem als Maler eines der wenigen authentischen Portraits Mozarts bekannten Grassi. Elisabeth Eixner beendet ihre Biographie des 1797 nach Dresden übersiedelten Künstlers mit der Hoffnung auf neue Forschungsergebnisse: "Für die Forschung wäre es noch eine lohnende Aufgabe, Grassis Tätigkeit in Rom nachzuspüren, wo er sich erstmals 1808-10 aufhielt (1810 Mitglied der Akademie von San Luca), das zweitemal 1816-21 als Direktor der Studien sächsischer Künstler in Italien" (NDB VII, 5). Für ebendiese römische Zeit darf das hier vorliegende Notizbuch Grassis als bislang unausgewertete, erste Quelle gelten: Offenbar schon während seines ersten Italien-Reise angelegt, diente Grassi das vorliegende Büchlein auch bei seinem zweiten Aufenthalt in Rom zur Reiseplanung und Memorierung der wichtigsten Begebenheiten, Treffen und Adressen und Kontakte in Rom. Auf seine detaillierte Aufstellung der Reiseroute von Gotha über nicht weniger als 60 Stationen nach Rom (unter Angabe der jeweiligen Aufenthaltsdauer und Entfernung) folgt sein fünfseitiges Verzeichnis der in Rom tätigen Künstler, die größtenteils auch von Grassi besucht wurden, ein kurzer Exkurs über das gesellschaftliche Leben in Rom sowie ein Verzeichnis der unterschiedlichsten Kunstwerke nach Aufstellungsort. Die namentliche Erwähnung zahlreicher Kunsthändler und Antiquare sowie die konkrete Benennung von offenbar Grassi zum Kauf angebotenen Gemälden (darunter van Dyck, Raffael, Michelangelo und Rubens) sind Beleg für seine Tätigkeit als Einkäufer der Herzöglichen Kunstsammlungen. Unter den zahlreichen Notizen am Ende des Bändchens (u.a. die Zahlungen an seinen Kutscher) findet sich auch eine dreiseitige Autobiographie Grassis, die die wichtigsten Ereignisse seines Lebens unter dem jeweiligen Datum festhält.

Nach seinem letzten Rom-Aufenthalt "kehrte Grassi nach Dresden zurück, wo er nach Jahren der Krankheit 1838 vereinsamt starb. Mozart und Grassi haben zehn Jahre lang (1781-1791) in Wien nebeneinander gelebt. Eine engere Bekanntschaft des Ehepaares Mozart und des mit ihm verschwägerten Ehepaares Lange mit Joseph Grassi beweist ein an den Vater gerichteter Brief vom 12. März 1783, in dem Mozart berichtet, wie er am Faschingsmontag, dem 3. März 1783, mit seinen Freunden im Redoutensaal der Hofburg während der halbstündigen Pause des öffentlichen Maskenballs eine 'Maskerade' - die von Mozart selbst erfundene Pantomime 'Pantalon und Colombine' mit seiner Musik KV 446 - aufgeführt hätte" (Angermüller).

Tadellos erhalten. Autographen Grassis sind von größter Seltenheit; nur ein einziger Nachweis auf Auktionen der letzten Jahrzehnte (Stargardt, 21. März 1996, Nr. 672: Unterschrift auf einer Quittung für Herzog August von Sachsen-Gotha).

Literatur

R. Angermüller, Mozart: Bilder und Klänge. Salzburg, Internationale Stiftung Mozarteum, 1991, S. 358. NDB VII, 4-5.

Art.-Nr.: BN#30988 Schlagwort: