"poesie ... ich werde grausamb desentwegen bombardirt"

Gluck, Christoph Willibald, Komponist (1714-1787). Eigenh. Brief mit U. ("Gluck").

Wien, 29. XI. 1776.

1 S. auf gefalt. Doppelblatt. 4to.

 35.000,00

An seinen namentlich nicht genannten Freund Franz Kruthoffer (1740-1815?), Sekretär an der Kaiserlichen Botschaft zu Paris und zugleich Glucks De-facto-Privatsekretär: ein schönes Dokument des Gluck'schen Geschäftssinns wie auch der regen Nachfrage, die unter den Librettisten nach dem berühmtesten Tondichter seiner Zeit herrschte. Gluck sagt Kruthoffer zu, um seinetwillen den Honorarvorstellungen seines Verlegers Peters entgegenkommen zu wollen, kündigt aber an, sich dafür etliche Autorenexemplare vorbehalten zu wollen und erklärt ausdrücklich, aus dieser einmaligen Zusage keinen Präzedenzfall für künftige Honorarverhandlungen konstruieren lassen zu wollen. Auch klagt Gluck über die unverlangt eingesandten Operntexte, mit denen ihn Textdichter überschwemmen, und verbietet Kruthoffer, entsprechende Einsendungen für ihn anzunehmen: "Wertester Freyndt / Ihren brief von 17 october habe rechtens Erhalten, in dem letzten Ersehe das begehren des Mr. [Johann Anton de] Peters, welches, weilen Er Ihr gutter freyndt ist, ich vor dieses mahl annehmen wiel, aber Etliche partitionen werde mir vor behalten, wie auch, das auß diesen wenigen, was Er geben wiel, keine consequentz vor zukünfftige opern gemacht werden soll; der Courrier wiel abgehen, ich kan ihnen nichts mehr schreiben als Unser Compliments tres sinceres de la part de ma femme et de moi a vous, et a Mr. [Franz] de Blumendorff. Ich bitte ihnen auch kein pacquet an mich an zu nehmen Wo man mir wiel poesie schicken umb opern zu machen, dan ich werde grausamb desentwegen bombardirt [...]".

Mittig quer gefaltet, ohne Adresse: Wie auch aus dem Inhalt hervorgeht, versandte der sparsame Gluck diesen Brief - wie die meisten seiner Schreiben an Kruthoffer - durch den eben nach Paris abgehenden Wiener Diplomatenkurier. Am oberen Rand Empfängernotiz: "Beant. Paris am 18ten Dezember 1776". Von größter Seltenheit, besonders mit Unterschrift, die Gluck in seinen Briefen an Kruthoffer aus Zensurgründen meist fortließ. Schon in Kinskys 1927 vorgestellter Edition von Glucks Briefen an Kruthoffer vermisst, gelangte das Schreiben erst 1932 zur Publikation.

Provenienz: 1932 in der "Autographensammlung der Frau E[milie] Sch[aup] in Wien" (Komorn, S. 674); 1963 in einer nicht identifizierten "privaten Briefsammlung" (Badura-Skoda). Beiliegend alter Sammlungsumschlag.

Literatur

Nicht bei Kinsky (vgl. Anm. S. 26). Nicht bei Müller v. Asow (Hg.), The Collected Correspondence and Papers of Christoph Willibald Gluck (1962). Erstveröff.: Maria Komorn, Ein ungedruckter Brief Glucks, in: Zeitschrift für Musik, Jg. 99 (1932), S. 672-675, hier S. 674. Faksimile: Eva Badura-Skoda, "Eine private Briefsammlung", in: Festschrift Otto Erich Deutsch (Kassel u. a. O. 1963), S. 280-290, hier Abb. 5 und S. 282f.

Art.-Nr.: BN#34214 Schlagwort: