Ennemoser, Joseph, Arzt und Magnetiseur (1787-1854). Eigenh. Brief mit U.

München, 22. I. 1842.

3 SS. auf Doppelblatt. Gr.-8vo.

 6.500,00

"Mein verehrtester Freund und Collega! Nachdem meine neue Schrift über Magnetismus endlich fertig geworden ist, so hab ich die Cottasche Buchhandlung ersucht, Ihnen ein Exemplar einzuhändigen, um darüber etwa in der allgemeinen Zeitung über den Innhalt und die Form dieses Gegenstandes ein Paar Worte öffentlich bekannt zu machen, wenn Sie nach genommener Einsicht es für der Mühe Werth halten würden. Ich hoffe, daß Sie das Buch schon empfangen haben, oder es doch bald empfangen und wünsche, daß es Ihnen nicht ganz mißfallen möge; bitte aber auch zugleich, daß Sie jedenfalls das Buch durchlesen und mich sowohl über die Mängel u. Irrungen aufmerksam machen, als zugleich neuen Stoff u. Mittel zu weiteren Arbeiten mir gefälligst anzeigen mögen. Da wir beide mit Liebe und Eifer auf dem sublimen Felde des höheren Lebens uns bewegen und darauf auch schon so manches Blümchen haben aufgehen gesehen, wovon der große Troß der Welt und der gelehrte Pöbel nicht einmal einen entfernten Geruch gewahr wird, so wollen wir einander helfen u. leuchten, so gut wir kennen [!] und ich zweifle nicht, daß Ihr edles Herz auch eine willige Hand reicht. Ich bin mit meiner Familie nun schon seit 3 Monaten hier u. gedenke auch nicht mehr nach Tirol zurück zu kehren, weil ich zu jeder litterarischen Thätigkeit nur Fesseln zu erwarten hätte. Ob ich für die Länge werde hier bleiben können, oder was ich eigentlich anfangen oder wohin ich mich wenden soll, darüber bin ich noch ganz im Dunkeln; ich weiß nicht recht, soll ich wieder nach Preußen oder nach Ost oder West? Fürs erste gedenke ich die hiesigen Bibliotheken etwas zu benutzen, um eine zweite Auflage meiner Geschichte des Magnetismus zu veranstalten, wenn vielleicht Cotta sich auch entschließt, dieselbe in seinen Verlag zu nehmen, dadurch würde dann auch wieder einstweilen, so wie für die Arbeit, für die Existenz gesorgt sein. Doch unmöglich kann ich glauben, daß für solche Opfer, wie ich für die Wissenschaft bringe, da ich so gar mein Vaterland dafür verlassen habe, nicht der richtige Ersatz folgen soll? Wie gerne möchte ich einmal mit Ihnen Allerlei über Allerlei reden; sollen wir nicht auch einmal dazu kommen? [...]".

Joseph Ennemoser war 1809 als Schreiber und Adjutant von Andreas Hofer an dem Aufstand in Tirol beteiligt. Nach seiner Habilitation wurde er Privatdozent, später Professor in Bonn und hielt Vorlesungen über Anthropologie, Psychologie und Pathologie. Von 1837 bis 1841 in Innsbruck tätig, wirkte er in den folgenden Jahren als Arzt in München. Ennemoser gehörte der mystisch-religiösen Richtung der Naturphilosophie an; sein besonderes Interesse galt der Leib-Seele-Beziehung und dem Verhältnis von Natur und Geist. Er wandte "den von ihm auch in zahlreichen Werken und Schriften vertretenen sog. tierischen Magnetismus an, der auf die Lehre Mesmers zurückgeht und im Wesen eine Suggestionstherapie ist" (ÖBL I, 254).

Art.-Nr.: BN#36140 Schlagwörter: , ,