Aus Türkengefangenschaft entkommen - vom Wiener Neustädter Bürgermeister ausgeraubt

Kollonitsch, Leopold Karl von, Erzbischof von Gran (1631-1707). Eigenh. Antwortentwurf mit U. auf Rückseite einer Supplik von Schreiberhand.

Wien, 18. III. 1685.

¼ S. (zus. 4 SS. auf gefalt. Bogen). Folio. Beiliegend Zessionsurkunde. ½ S. Folio. Mit 2 roten Lacksiegeln.

 3.000,00

Der gräfl. Starhembergische Heiducke Andreas Ratk(h)o aus Podolien bittet den Reichsgrafen Kollonitsch um Rückerstattung seiner Besitztümer, die ihm vom Bürgermeister von Wiener Neustadt beschlagnahmt worden seien, nachdem er, Ratko, nach der Niederlage der Türken vor Wien aus zehnjähriger türkischer Gefangenschaft entkommen sei und sich in bester Absicht mit nur geringer geretteter Habe dorthin durchgeschlagen habe: "Ich sollte euer ex[cellenti]a in all unterthänigkheit nit verhalten waß gestalten ich noch vor 10 jahren, in die türckhische gefangenschafft gerathen, und hernach mit der arma verflossenen 1683ten jahr mit meinem campagne von unserm herrn bey dem wür beede gefangen gwesen, zu der wienerischen belägerung herauß geführt worden, und bey dero selben verbleiben müessten, biß endtlich daß geschrey bey der türckhischen arma auß gebrochen daß der christliche succurs vorhanden were, alß habe ich mich darauf neben meiner campagne beratschlagt, wie wüer beede möchten auß dem türckhischen joch und dienstbahrkheith unß beede ledig und loß machen, auch darauf miteinand verbundten, und zusammen geschwohren, daß wüer unser beste sachen wolten zusammen machen, und bey ersehendtem vortel, auf und darvon gehen, so auch bey erfolgtem kay. succurs beschehen, daß wür beede unnß nach der wienierischen Neustatt, als euer ex.a bischofflichen sitz reteriret, den all trostlicher hoffnung dazumahlen lebent, aldieweilen wür nit allein auß lieb deß christlichen glaubens von den türckhen hinweggegangen, sondern auch die frölliche bottschfft hinüber willens zu bringen gewesen, daß Wienn nit allein von den türckhen verlassen, sondern auch von dem christlichen succurs in die flucht geschlagen weren, aber laider Gott geclagt seye, wür beede anstatt verhoffetem trost, schutz, und hilff, daselbsten von einem löbl. statt magistrat nit allein in arrest, sondern auch wie albereith oben verstanden, unßere beste sachen, so wür beede in eyll salviren und darvon bringen können, abgenommen worden, und darinen etliche wochen sitzen blieben, hernach aber wider loß gelaßen, von unsern sachen aber nichts mehr alß, wie sub A [liegt nicht bei] zu sehen, von dem herrn burgermaister daselbsten in praesentia euer ex.a h[errn] secretario und dan der herr pater provincial von den barmhertzigen brüdern, so alles mit augen gesehen, wider zuruckh bekhommen, daßjenige aber so ut B [liegt nicht bei] specificiret, aufgehalten und nit mehr erfolgt worden, weil nun also diese zwey der zeith gegenwerthig, so khan mir ja mit grundt der wahrheit nichts von dem herrn burgermaister daselbsten abgelaugnet, oder aufgehalten werden.

Wan nun euer ex.a ich vor ungefahr 14 tagen den herrn burgermaister von der Neustatt alhier angetroffen umb erfolglassung des nach übrigen derentwegen angeredt, so mir aber zur antworth geben, daß er von solchen nichts mehr darvon in handen sondern alles euer ex.a eingehendiget hette, alda ich es auch zu suechen habe, demnach langt an euer ex.a mein unterthänig gehorsambes und flehentliches bitten, dieselbe geruhen doch an mir armen menschen ein werkh der barmhertzigkheith zu erweißen, und mier daß übrige so sich annoch oben B specificirter massen, auch wie albereith oben verstandten von dem herrn burgermaister euer ex.a eingehendiget worden sein solle, wider in gnaden erfolgen zu laßen, umb damit ich gleich wohl wider zu dem meinigen gelangen möge, mich also zu dem endte zu all getrost billichen gewöhrung unterthänig gehorsambist empfehle [...]".

Darauf notiert Kollonitsch die Verfügung: "Dem supplicanten ist wissent daß er nichts bekhomben hette wan ich ihm nichts geholffen, also kan er wohl glauben, wan ich mehrers vor ihm hette erhalten können, nicht unterlassen zu thun, wie mir dan kein missfallen [?] gros und werth, muss er dessen was ihm eingehändiget worden mir ist yberantwortet worden." - Beiliegend etwas spätere Abtretungsurkunde, unterfertigt von drei Zeugen: "Wir zu end geferttigte attestiren krafft dieser cession daß Michael Rosenberger seinem mitgefangenen gewesten cammeraten Anderae Ratgkho aus Podolien gebührtig anjezo bey ihro excell. general veld marschall herrn graven von Starhemberg in diesten, die noch ruckhgehaltenen posten und effecten, so ihm h. burgermaister und rath zu Neustadt gleich nach dem wiennerischen entsatz gewahltthattiger weiß hinweggenommen, und die specification ausweiset, dergestalten ordentlich cedirt und hinumgelassen, daß er solche gerichtig- oder güttlich, in natura oder den wehrt darvor einbringen könne und möge und an sein Rosenbergers statt zu quittiren. Wien den 19. Octobris Ao. 1686".

Provenienz: Aus der Sammlung Eduard Fischer von Röslerstamm; beiliegend der zugehörige Katalogzettel (mit Vermerk "a. d. Sammlg. d. Frl. v. König").

Art.-Nr.: BN#37095 Schlagwort: