Meynert, Hermann, Schriftsteller (1808-1895). Eigenh. Brief mit U.

Leipzig, 27. XI. 1832.

1 S. mit Adresse verso (Faltbrief). 4to.

 850,00

An Adolf Bäuerle in Wien: "Theurer Freund! Ich weiß vor mir selbst keine Ursachen mehr aufzufinden, mit denen ich Ihr standhaftes Stillschweigen auf alle meine Briefe erklären könnte, und muß gestehen, daß von allen meinen Freunden keiner sich so sichtliche Mühe gab, mir eine radicale Vergessenheit und Gleichgültigkeit zu beweisen, wie Sie. Mangel an Zeit kann es nicht seyn, denn wo Sie binnen Monatsfrist drei bis vier Briefe an Korn schreiben konnten, wäre wohl auch zu einigen Zeilen, zu einigen Minuten für mich Rath geworden. Ich glaube es an keinem meiner Freunde verdient zu haben, doch wenn es sich so angelegen seyn läßt, mich zu ignoriren; mir würde dies selbst gegen eine wildfremde Person unmöglich werden.

Ich werde den Grund Ihres Schweigens bald aus Ihrem Munde hören können, denn bis zum 12ten December d. J. treffe ich, unserer Verabredung gemäß, in Wien ein, und werde dann schnell meine Arbeiten an der Theaterzeitung beginnen. Auf einige tüchtige Vorwürfe aber, lieber Freund, mögen Sie sich gefaßt halten, denn Sie haben meiner zu arg vergessen.

Während unserer Trennung habe ich ein Taschenbuch: 'Austria; Charaktergemälde von Wien und Prag' - im Manuscripte vollendet; gedruckt wird es Ende Februar k. J. erscheinen. Ich hoffte demselben die von Ihnen auf das Gewisseste versprochenen Notizen einverleiben zu können, allein diese blieben, mitsammt Ihren Briefen, consequent aus. Auszüge und Probestücke aus der Austria finden Sie in Nr. 272 des Planeten u.s.w. in Nr. 276 finden Sie eine Parallele zwischen Baeuerle und Raimund, die ich Sie gelegentlich nachzulesen bitte.

Nun eine Bitte, um die ich Sie recht innig ersuche. In Nr. 275 des Planeten - dieser ganze Wochengang wird auch als Probenummer in zweitausend Exemplaren versendet - befindet sich, ebenfalls als Fragment der Austria, eine kleine historische Reflexion von mir, betitelt: 'Kaiser Franz von Oesterreich', an welcher mir viel liegt, indem sie, rücksichtlich des Planeten und meiner eignen Stellung, bedeutend auf den Kaiserstaat wirken muß. Diesen kurzen Aufsatz bitte ich auszugsweise in den nächsten Blättern Ihrer Theaterzeitung mitzutheilen, mit Nennung des Verfassers. Da ich mich eine Zeitlang in Oesterreich aufhalten will, so liegt mir dies sehr am Herzen, und ich hoffe bei Ihrer Freundschaft in dieser Hinsicht keine Fehlbitte zu thun.

Ihrer Theaterzeitung habe ich in der Austria ebenfalls einige sehr empfehlende und vortheilhafte Worte gewidmet und ihr vollkommen ihr Recht angedeihen lassen. [...]".

Über seine Frau, die Sängerin Marie Emmering, hatte Meynert Verbindung zur Wiener Theaterszene. Nachdem er jahrelang Beiträge für Bäuerles "Theaterzeitung" geliefert hatte, übersiedelte er im Herbst 1836 als Hauptmitarbeiter der Zeitschrift (in der Nachfolge Moritz Saphirs) nach Wien. "Seine dramaturgischen Berichte über die Leistungen des Hofburg-Theaters, denen man Gründlichkeit und Unparteilichkeit nachrühmte, fanden die günstigste Aufnahme" (Wurzbach XVIII, 189).

Kl. Randausriss von Siegelöffnung; geringe Randläsuren.

Art.-Nr.: BN#37923 Schlagwort: