Friedjung, Heinrich, Historiker (1851-1920). Eigenh. Brief mit U.

Wien, 24. IX. 1909.

3¾ SS. auf Doppelblatt. 8vo. Mit eh. adr. Kuvert.

 180,00

An den Schriftsteller Rudolf Hawel: "Vor langer Zeit bin ich von meinem Urlaube zurückgekehrt. Auf der Reise las ich das hübsche Buch, mit dem Sie mich beschenkten und erfreuten; viele heitere Augenblicke wurden mir durch die Humoresken bereitet, welche um Ihr häusliches Leben gerankt sind. Wie eine frische Quelle sprudelte die Heiterkeit aus Ihrem Innern, so daß sich alle häuslichen Unebenheiten in eine heitere Harmonie auflösen. Ihr Buch ist aber ein unwiderleglicher Beweis, daß Sie Ihre grundgütige Gattin in unverantwortlicher Weise nicht bloß blostellen, sondern gradezu verläumden [!]. Denn nur ein edles, taubensanftes Gemüth kann sich all die tückischen Anwürfe gefallen lassen, welche Sie gegen Ihre Gattin erheben. Wissen Sie was ich thäte, wenn ich an ihrer Stelle wäre? Die Reihenfolge wäre die 1) Fingernägel und 2) Scheidung. Sie sind der undankbarste aller Gatten und aller Dichter. Denn Ihre Vorgänger, etwa Homer und Schiller, mussten ihre Heldinnen aus der Urzeit oder aus längst vergangenen Tagen herholen; Ihnen aber steht Helena, Maria Stuart und die Braut von Messina als Lebensgefährtin zur Seite - und nur an Ihnen liegt es, daß Sie diese Frauengestalt, die Ihnen offenbar sehr, aber sehr imponirt, in die Höhe des Humors, und nicht epischer oder dramatischer Gewalt emporheben [...]".

Art.-Nr.: BN#40280 Schlagwort: