Brentano, Lujo, Nationalökonom (1844-1931). Eigenh. Brief mit U.

München (Maximiliansplatz), 31. I. 1900.

1½ SS. 8vo.

 280,00

An einen namentlich nicht genannten Collegen: "Ich bedaure sehr, aus ihren Zeilen zu entnehmen, daß die Oesterreicher die unverbesserlichen Doktrinierte bleiben wollen, welche zur Zerrüttung aller ihrer öffentlichen Verhältnisse geführt hat. Daß die 'Arbeiterzeitung' auf denselben Gedanken wie ich kam, zeigt auch mir, daß die Sozialdemokraten klüger sind als die übrigen oesterreichischen Parteien. Auch wenn der Kaiser einen solchen Vorschlag nicht sanktioniren würde, wäre es von großem Vorteil für die liberalen Parteien, ihn gemacht zu haben. Ein taktischer Zug gegenüber dem Mißbrauch mit dem § 14, welchen ihnen die Arbeiter gewinnen würde. Ich kann meinen Artikel nicht mit einem 'das kann niemand weissagen' enden lassen. Das ist zu kläglich. Ich habe daher einen neuen Passus in meinem Sinne eingesetzt. Aber ich habe Ihnen die Concession gemacht, den § 14 nicht zu benennen, um Empfindlichkeiten nicht [...] zu verletzen. Hoffentlich verstößt der Passus [...] nicht so sehr gegen Ihre Prinzipientreue, dass Sie ihn nicht bringen können [...]".

Lujo (Ludwig Joseph) Brentano war Professor an den Universitäten Breslau, Straßburg, Wien, danach in Leipzig und zuletzt in München (1891–1916). Brentano sah den Staat im Gegensatz zu anderen reformorientierten Solzialisen weniger als Schutzinstanz der Arbeiterschaft, sondern als ein prinzipiell gleichberechtigtes Gegenüber beim Abschluss von Kollektivvereinbarungen. Brentano publizierte ab 1898 in Theodor Barths Zeitschrift "Die Nation" und ab 1901 auch in Friedrich Naumanns Wochenblatt "Die Hilfe".

Spuren alter Faltung.

Art.-Nr.: BN#40606 Schlagwörter: ,