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Anfrage

Unbekannte Erstfassung von Seumes Abgesang auf seine große Liebe: "Und nur Du, mir Einzige auf Erden, / Kannst und sollst und wirst mein Weib nicht werden"

Seume, Johann Gottfried, Schriftsteller und Reisender (1763-1810). Eigenh. Gedichtmanuskript [Nika de kai sideron] sowie Fragment von [Jack Rostbeef's Return].

[Wohl Leipzig, vermutlich Anfang/Frühjahr 1797; spätestens Frühjahr 1798].

4 SS. auf 2 unregelmäßig aus einem Band herausgeschnittenen Folioblättern (ca. 190 x 353 mm). Wasserzeichen "Jeziorna" mit Gegenmarke Adler (d. i. die kgl. polnische Papierfabrik Jeziorna bei Warschau).

Manuskript des Gedichts mit den Anfangsworten "Soll auch ich den Zauberkelch noch trinken": frühes, stark zerschriebenes Reinkonzept mit zahlreichen eigenhändigen Überarbeitungen bzw. Korrekturen, auf die mindestens noch ein weiterer Korrekturgang folgte, jedoch vollständig bis auf den wohl erst zuletzt hinzugefügten Titel "Nika de kai sideron". Zahlreiche, unterschiedlich aufschlussreiche textliche Vorstufen sind hier noch zu erkennen: Die dritte Zeile etwa (im Druck: "Führet mich auch noch ein Rosenmädchen") lautete ursprünglich "Führt auch mich noch jetzt ein Rosenmädchen" und wurde dann verändert zu "Ja es führt mich noch ein Rosenmädchen", bevor sie später die endgültige Gestalt bekam. Zu Beginn der vierten Strophe (im Erstdruck: "Wenn du, Mädchen, leicht vorüber schwebest") steht im Manuskript - noch recht unfertig - die abgebrochene Zeile "Dich im Feuerkampfe", die dann gestrichen und ersetzt wurde durch "Wenn du vor mir, Mädchen, vor mir schwebest" (in späteren Ausgaben setzte Seume dann "Mädchen, wenn du leicht vorüberschwebest"); der Beginn der 10. Strophe ("Dich mir noch im Kampfe zu ersiegen") wurde ursprünglich niedergeschrieben als "Dich in süßen Schlachten zu ersiegen" und zunächst verändert in "Dich in süßem Kampf mir zu ersiegen".

Den Namen der Adressatin dieses Poems unglücklicher Liebe nennt Seume in dieser Fassung bereits in der Gedichtmitte: "Aber wenn ich einst mich, Willhelmine, / Deinetwegen meinem Loos versühne"; in der Endredaktion entschloss sich der Autor, den Namen erst im vorletzten Vers zu enthüllen (daher im Druck: "Aber wenn ich einst mein Herz entwöhne, / Ohne Dich mit meinem Loos versöhne"). Bei der Angerufenen handelt es sich um Wilhelmina Röder (1777-1813), Tochter des Leipziger Kaufmanns Christian Friedrich Röder, welcher der Dichter seit 1795 in Liebe zugetan war. "Nachdem Seume auf Befehl des Vaters seine Verbindung mit ihr zum Jahreswechsel 1796/97 hatte abbrechen müssen, heiratete sie 1798 den Seidenwarenhändler George Henri Favreau" (Drews/Sangmeister [Hg.], Seume Briefe [2002], S. 1195). Das Wort, das in der publizierten Fassung die Überschrift bildet, entstammt dem Schluss der 2. Anakreontischen Ode "auf die Frauen": "Nikâ dè kaì síderon, kaì pyr, kalé tis oûsa" ("Auch den Stahl überwindet [und das Feuer die Schönheit]") - eine bittere Wendung des Frauenlobs aus den Anakreonteia, die hier für die Überwindung des ehemaligen Soldaten Seume durch die hilflos verehrte Schöne steht. Dem ausgebildeten Philologen sollte "ein funkelnagelneuer Anakreon" noch auf seinem berühmten "Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802" Wegbegleiter sein.

Auf der Rectoseite des ersten Blatts finden sich noch die letzten achteinhalb Strophen von Seumes Gedicht "Jack Rostbeef's Return" (incipit hier: "God bless the blockheads on their way"), das ebenfalls zahlreiche Revisionsspuren aufweist. Das Gedicht, eines der wenigen englischsprachigen Werke des Autors, gibt den abgeklärten Blick des Weitgereisten wieder, der die Menschheit in aller Herren Länder gleich bösartig oder närrisch gefunden hat und, zurückgekehrt, die wenn auch mangelhafte, so doch vertraute Heimat noch am besten findet - eine Perspektive, die Seumes eigener zeitweilig nahekommen mochte.

Beide Gedichte wurden im 1798 erschienenen zweiten Band der "Obolen" erstveröffentlicht, jedoch in umgekehrter Reihenfolge und keineswegs hintereinander. Die vorliegende gemeinsame Niederschrift, die stellenweise einen von der Druckfassung noch recht weit entfernten Text bietet, auf einem Bogen wohl noch vor 1795 in Polen erworbenen Schreibpapiers, rückt die mutmaßliche Entstehungszeit beider Gedichte in die Nähe der Trennung von Wilhelmina Röder zu Jahresbeginn 1797.

Auf zwei Seiten vereinzelt geringfügige Buchstabenverluste durch das Herausschneiden der Blätter im Bug eines Bandes. Etwas knittrig und gebräunt. Sehr selten.

Literatur

Erstdruck: Obolen II (1798), S. 30-35. Mit Veränderungen: Prosaische und poetische Werke von J. G. Seume, 5. Theil: Gedichte (1879), S. 101-104. Sangmeister, Annotiertes Verzeichnis von Seumes Gedichten, Nr. 178.

"Jack Rostbeef's Return": Erstdruck in den Obolen II, S. 112-116. Sangmeister, Nr. 147.