[VERKAUFT]

Dieses Stück ist bereits verkauft. Am Ankauf eines gleichwertigen Exemplars bzw. von Stücken ähnlicher Bedeutung sind wir immer interessiert.

Anfrage

D'Erouvray, Nanette, bayerische Kammerzofe (geb. um 1805). Skizze meiner Reise nach Brasilien von Nanette D'Érouvray. Meinen Freunden und Bekannten gewidmet.

Wohl Freising, um 1831.

Deutsche Handschrift auf Papier. Titel, 188 gez. SS. Grüner Halblederband der Zeit mit rotem Rückenschildchen. 4to.

Umfangreiches, unveröffentlichtes Manuskript: Die früheste bekannte Reisebeschreibung Brasiliens von Frauenhand. Nanette d'Erouvray, Tochter des Schleißheimer Hofgärtners Ludwig d'Erouvray, begleitete als Zofe die bayerische Prinzessin Amélie von Leuchtenberg (1812-73), Enkelin von Napoleons erster Frau Joséphine de Beauharnais, nach Brasilien. Amélie hatte am 2. August 1829 per procurationem den brasilianischen Kaiser Pedro I. geheiratet, den sie dann erstmalig bei ihrer Ankunft in Rio de Janeiro sehen und kennenlernen sollte. Für die Überfahrt und das Leben in Brasilien meldete sich u. a. die ca. 25-jährige Nanette, die mit der Prinzessin am 4. August 1829 die Heimat verließ. Die junge Frau schildert hier die Landreise von Freising nach Oostende, wo die Braut mit ihren 13 Begleitern von einer brasilianischen Gräfin empfangen wurde. Ein Dampfer brachte den Tross zur kaiserlichen Fregatte "Imperatriz". Nanette schildert ausführlich die unhygienischen Umstände und die alle Bayern quälende Seekrankheit auf der gefahrvollen Reise nach Rio de Janeiro, das am 16. Oktober 1829 erreicht wird. Schon auf der Überfahrt begegnet Nanette das erste Mal Sklaven und deren Misshandlung; auch in Brasilien äußert sie sich wiederholt schockiert zur Sklaverei. Mit kritischem Auge schildert sie die Zustände in Brasilien, die aufdringlichen Soldaten und Hofschranzen des Kaisers, das ungewohnte und für sie wenig schmackhafte Essen etc.

Rio de Janeiro wird als arm und schmutzig beschrieben, ganz anders als das von ihr favorisierte Santa Cruz. Ein Ausflug in die Provinz Minas Geraes ist anstrengend, aber die Schönheiten von Fauna und Flora begeistern Nanette. Die politischen Unruhen in Brasilien schildert sie nicht im Detail (sie vermerkt, man könne das ohnedies überall lesen): Im März 1831 spitzt sich die Situation zu; revolutionäre Gruppen liefern sich vor dem kaiserlichen Schloss Kämpfe und Pedro I. wird am 6. April zur Abdankung zugunsten seines Sohnes gezwungen. Die kaiserliche Familie und der bayerische Tross fliehen. Nanette beschreibt die Umstände der Überfahrt bis Cherbourg und ihre letzten Etappen bis zurück ins geliebte Freising und zu ihrer Familie.

Das Manuskript stellt ein wichtiges Dokument zur Verbindung zwischen dem brasilianischen Kaiserhaus und der bayerischen Adelsfamilie Leuchtenberg dar; der einzig bekannte Augenzeugenbericht war bislang das 2008 veröffentlichte "Reisejournal des Grafen Friedrich von Spreti: Brasilianische Kaiserhochzeit 1829" (hg. von Heinrich Gf. v. Spreti und Suzane Frfr. v. Seckendorff; München). Für den umstrittenen Kaiser Pedro I. (bzw. König Pedro IV. von Portugal, 1798-1834) stellte die Verbindung mit der bayerischen Prinzessin die zweite Ehe dar, seine erste Ehefrau Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich war 1826 an den Folgen einer Fehlgeburt gestorben, die Pedro durch fortwährende Misshandlungen mit auslöst haben mag.

Einband etwas berieben und fleckig, Rücken restauriert. Innen leicht braunfleckig, aber wohlerhalten und durchgehend gut leserlich. Volltranskription beiliegend.