Album amicorum der Friederike Sophie Mielcke, geb. von Hamilton (1786 - nach 1832).
(82) Bll. mit 87 Einträgen und 16 Illustrationen (Blumenaquarelle, Urnen- und Ruinenszenen in Aquarell und Bleistift, Pflanzenblätter und Sphinx aus Seide etc.). Lederband der Zeit mit goldgepr. Verzierungen. Buntpapiervorsätze. Dreiseitiger Goldschnitt. Qu.-8vo (ca. 192 x 122 mm).
€ 5.000,00
Schönes ostpreußisches Freundschaftsalbum des frühen 19. Jahrhunderts, überwiegend von Damenhand verfasst, mit Einträgen aus den Familien Goltz, Trenck, Quooß, Schenk von Tautenburg, Schönermarck, Lebbin etc. Die Eignerin Friederike Mielcke war die Tochter des preußischen Generalmajors Ernst Wilhelm von Hamilton (1744-1811), ab 1814 verheiratet mit dem späteren kgl. Geheimen Regierungsrat August Gottfried Mielcke (1774-1837). Alle Einträge bis auf neun entstanden in der Zeit vor ihrer Eheschließung 1814, in erster Linie in Königsberg, und spiegeln das soldatische Umfeld der Generalstochter wider (mit Einträgen mehrerer Generale und sonstiger Stabsoffiziere sowie vieler Generalstöchter). Der prominenteste Einträger ist wohl der preußische Generalmajor Johann Friedrich von Herrmann (1739-1818), der mit seiner berühmt gewordenen Rede ("Preußen oder Tod!") bei der französischen Belagerung der Festung Pillau seine Offiziere auf den eigenen Sarg schwören ließ. Hier trägt er sich am 6. Nov. 1812, knapp 73-jährig, mit dem Vierzeiler ein: "Das Glück soll Dir an jedem Morgen / Der Freundschaft schönste Rosen streun, / Und niemals müßen finstre Sorgen / Beherrscher Deines Hertzens seyn." Friederikes Vater hat sich am 22. Oktober 1806 eingetragen, nur wenige Monate vor seiner schweren Verwundung in der Schlacht bei Preußisch Eylau: "Gott selbst hat Dir Dein Loos beschieden: / nimms dankbar aus der Vorsicht Hand. / Erfülle jede Pflicht zufrieden, / die sie mit diesem Loos verband. // Bey allen vorkommenden Begebenheiten Deines Lebens erinnere Dich Deines aufrichtig liebenden Vaters." Unter den zahlreichen, fast ausschließlich von weiblicher Hand beigetragenen Illustrationen ragt die aus Seide gestickte ägyptische Szene hervor, die Ernestine Philippine Pascha (1787-1854), Tochter des Königsberger Handelsmanns Carl Friedrich Pascha, am 12. April 1803 in Anspielung auf ihren orientalisierenden Familiennamen beigesteuert hat: Die Sphinx von Gizeh vor der Großen Pyramide, im Schatten von Palmen. Doch auch die konventionelleren Urnen- und Blumenaquarelle sowie die aus grüner Seide ausgeschnittenen und einmontierten Pflanzenblätter sind mit Sorgfalt und Talent ausgeführt.
Die Einträge gewähren einen Blick auf die gesellschaftlichen Verbindungen zu einer Vielzahl von Angehörigen namhafter Offiziersfamilien und deren vielfältigen verwandschaftlichen Beziehungen untereinander. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Stammbuchhalterin selbst keinen Offizier heiratete, sondern einen Juristen. Dessen Vater Daniel Friedrich Mielcke (1739-1818), sein Onkel Christian Gottlieb Mielcke (1733-1807) und Großvater Peter Gottlieb Mielcke (1692-1753) waren im 18. Jahrhundert "an der aktiven Gestaltung des Kulturlebens Ostpreußens beteiligt und haben deutliche Spuren in der litauischen Literaturgeschichte" hinterlassen (Zavinta Sidabraite, Neue Fakten zur Biographie von Christian Gottlieb Mielcke).
Ein Blatt anscheinend herausgerissen, sonst durchwegs wohlerhalten und mit teils besonders reizvollem Illustrationsmaterial.