Prächtiges Vorzugsexemplar aus der Sammlung Fries

Spalowsky, Joachim Johann Nepomuk Anton. Beytrag zur Naturgeschichte der Vögel. Bde. 1, 4, 5 und 6 (von 6).

Wien, Selbstverlag, 1790-1795.

4 Bde. (10), 20 SS. (10), 40 SS. (14), 33 SS. (12), 19 SS. Mit 6 Wappen, davon 2 Aquarelle und 4 kolor. Kupfertafeln, 1 kolor. Dedikationskupfer, 183 (statt 186) Tafeln mit Vogeldarstellungen, davon 15 Aquarelle und 168 prachtvoll illuminierten Kupfertafeln, teils gold-, silber- und kupfergehöht, mit reich aquarellierten Umrahmungen. Geglättete rote Maroquinbände der Zeit mit doppelten goldgeprägten Rückenschildchen, reicher floraler Rücken- und Deckelvergoldung, Bände 4-6 mit kolor. Wappensupralibros auf vorderen Deckeln. Kattunpapiervorsätze, dreiseitiger Goldschnitt. 4to.

 250.000,00

Unikales Exemplar einer der größten Seltenheiten der zoologischen Buchillustration, aus der Bibliothek des Bankiers, Kunstsammlers und Mäzens Moritz von Fries (1777-1826) und wohl auch eigens für diesen angefertigt. Um 1800 galt Moritz von Fries unstrittig als der reichste Mann der Monarchie: Die prachtvollen Kupfertafeln sind von den beteiligten Künstlern aufwändig illuminiert, jede einzelne mit reicher, meist über die Kupferplatte hinausgehender botanischer und architektonischer Staffage versehen, zusätzlich wurde das uns vorliegende Exemplar durch 15 Originalaquarelle angereichert (alle in Bd. 5 bzw. 6), denen in den zugänglichen Vergleichsexemplaren größtenteils Druckgrafiken gegenüberstehen. Die einzig nachweisbaren vollständigen Exemplare (ÖNB und BSB) sind von minderer Ausstattung mit je drei Aquarellen in den vergleichbaren Bänden und gänzlich ohne aquarellierte Rahmungen. In der Fideikommissbibliothek der ÖNB sind 5 illuminierte Bände des Werks vorhanden, wobei unter allen Vergleichsexemplaren Bd. 5 die größte nachweisbare Anzahl an Aquarellen aufweist. Da der letzte Band in der Fideikommissbibliothek fehlt, sind die 8 Aquarelle und prächtigen Rahmengestaltungen des vorliegenden 6. Bandes wohl einzigartig.

Im Auktionshandel ist das Werk nach 1932 nur bei Ketterer 2017 (Bde. 1-4) und bei Christie's 2012 (Bde. 1-3) nachweisbar. Bei den 2017 versteigerten Bänden handelt es sich um Exemplare - wie auch in ÖNB und BSB - der Normalausgabe ohne aquarellierte Ausschmückung und Künstlerkolorit, während das bei Christie's versteigerte Exemplare in Ausstattung und Kolorit dem Fries'schen Exemplar zumindest vergleichbar gewesen sein dürfte, jedoch ebenso wie die obgenannten Exemplare keine Originalaquarelle enthält.

Die prächtigen Vogeldarstellungen mit reichen landschaftlichen Rahmenelementen und Architekturstaffagen sind in roter Tinte je mit lateinischen und deutschen Namen beschriftet. Teilweise übermalte Beschriftungen zeugen davon, dass die Entscheidung, die Aquarellierungen stark auszuweiten, in einem zweiten Schritt gefallen sein muss. Die Stiche stammen von fünf verschiedenen Kupferstechern, von denen Benedikt Piringer und Sámuel Czetter hervorzuheben sind. Im 5. Band der Fideikommissbibliothek signierte Benedikt Piringer eines der Aquarelle, er hat also zweifellos Stichvorlagen geliefert und an der Aquarellierung mitgewirkt.

Spalowskys "Naturgeschichte der Vögel" war als Teil eines großangelegten naturkundlichen Publikationsvorhabens vorgesehen. In einer Subskriptionsankündigung von 1791 bewirbt der heute weitgehend vergessene Chirurg und Regimentsarzt sein publizistisches Großprojekt: Die Tafeln des vorliegenden Werks werden als Darstellungen von Spezies angepriesen, "deren Vorstellung noch in keinem Autor vorkommt"; zudem versichert Spalowsky die naturgetreue Kolorierung "mit den Farben der Originale". Ein Großteil der abgebildeten Spezies, darunter vier Falken, stammt aus Asien mit Schwerpunkten in China und Indien und findet sich nicht bei Brisson oder Buffon. Bei den vorliegenden Bänden handelt es sich um ein Sonderexemplar der teuersten Ausstattungsvariante, die mit 36 Gulden ein fünfzehnfaches der schlichtesten Varianten kostete. In seiner Gesamtheit ist das ambitionierte Projekt zweifellos nicht nur am frühen Tod des Autors 1797 gescheitert, wenngleich Spalowsky bedeutende Widmungsträger für seine aufwändig gestalteten Publikationen gewinnen konnte. Die Bände der "Naturgeschichte der Vögel" sind Alois I. Joseph von Liechtenstein und Caroline von Manderscheid-Blankenheim (Bd. 1), dem Beethoven-Mäzen Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz und der Karoline Theresia von Schwarzenberg (Bd. 4), Wenzel Graf Paar und Maria Antonia Fürstin Liechtenstein (Bd. 5) sowie Anton Theodor von Colloredo-Waldsee-Mels, Erzbischof von Olmütz (Bd. 6) gewidmet.

Provenienz: 1. Moritz Graf von Fries, mit tektierten Bibliotheksstempeln "EX BIBL(iotheca) MAVR(icii) COM(es) FRIES" am Titelblatt (verso) unter monogrammierten Lacksiegeln (MF); 2. Versteigerung Dorotheum, 12. Feb. 1932, Los 44, 75 ATS (Katalogtext montiert am fliegenden Nachsatzblatt von Bd. 6); 3. Österreichischer Privatbesitz; 4. Versteigerung Dorotheum, 18. Dez. 2019, Los 222, ohne Hinweis auf die Fries'sche Provenienz und die 15 Aquarelle.

Wappensupralibros von Bd. 5 mit Fehlstellen im Rand. Es fehlen 3 Tafeln (Tafel 2 in Bd. 1, Tafeln 6 und 39 in Bd. 5). Index und Tafel 42 in Bd. 4 mit Fehlstelle. Tafel 31 in Bd. 1, Tafel 43 in Bd. 4 und Tafel 44 sowie ein Wappenkupfer in Bd. 5 teils leicht verschmiert.

Literatur

Nissen, IVB 888. Schlenker 345.1. Wurzbach XXXVI.56. Sitwell/Buchanan S. 143. Spalowsky, Ausführliche Nachricht. Nicht bei Nissen, ZBI. Nicht in Anker.

Art.-Nr.: BN#51856 Schlagwörter: , , , ,