Die schönste jemals auf den Markt gekommene Stauferurkunde: Der letzte Stauferkaiser bestätigt eine Urkunde seines Großvaters Barbarossa

Friedrich II., röm.-dt. Kaiser und König von Sizilien (1194-1250). Urkunde.

Ravenna, April 1226.

Lateinische Urkunde auf Pergament mit Plica. 34 Zeilen, blind liniert. Ca. 480 × 446 mm, sorgfältig und regelmäßig hochrechteckig zugeschnitten. Daran Hängesiegel in dunkelbraunem Wachs, Durchmesser ca. 98 mm, befestigt an roten Seidenschnüren durch drei rautenförmige Löcher in der Plica. Zweifach längs und dreifach quer gefaltet, am rechten wie linken Rand leicht eingerollt; trotz kleiner Ausbrüche in den Knicken hervorragend erhalten. Ein stark beriebener Rückvermerk wohl des 14. Jhs. (P[rivilegium] imp[er]iale sup[er] [?]), danach, auch unter UV-Licht unlesbar, weitere frühneuzeitliche Rückvermerke, rückseitig Abdruck des Siegelrandes unten rechts neben der Siegelbefestigung. In maßgefertigter Halbmaroquinkassette.

 450.000,00

Hochseltene, außergewöhnlich schön erhaltene feierliche Stauferurkunde, seit 1782 verschollen: Kaiser Friedrich II. bestätigt dem Kloster St. Paul im Lavanttal auf Bitten des Abts Konrad das eingerückte Privileg seines Großvaters Friedrich Barbarossa vom 19. III. 1170, in dem dieser das Kloster in seinen Schutz nahm, ihm den alleinigen Besitz von Völkermarkt zusprach und Bestimmungen zum Klostervogt und gegen jegliche Verlehnung traf. Mit diesem Privileg sollte die Wirtschaftskraft des 1091 gegründeten Klosters in schwierigen Zeiten gegen die Zugriffe regionaler Kräfte besser geschützt werden. Friedrich bestätigt dies und gestattet hier ferner, dass das Kloster alle Silber-, Blei- und Eisengruben auf seinem eigenen Grundbesitz zu seinem Unterhalt nutzen darf - gerade im frühen 13. Jh. im Alpenraum sehr bedeutsame Nutzungsrechte.

Die Urkunde weist das typische ausgewogene und formvollendete Schriftbild der feierlichen Privilegien Friedrichs auf. Die großen Monogramme Barbarossas und Friedrichs II. sind in die jeweiligen Signumzeilen eingezeichnet. Mit dem C-förmigen Hebarhardschen Chrismon und der I-Initiale vor Textbeginn, der Elongata in der ersten Zeile und den Signumzeilen aus der Tradition salisch-staufischer Urkunden sowie der besonderen Gestaltung des Herrschernamens in Kapitalis-Unzialis-Mischalphabet mit Initiale und Federwerk aus sizilisch-normannischer Tradition bildet sie ein frühes Beispiel des voll ausgebildeten feierlichen Privilegs aus Friedrichs Kaiserzeit. Die Urkunde ist geschrieben von Iacobus de Catania, einer aus Sizilien stammenden Kanzleikraft, der insgesamt 22 Urkunden der Jahre 1220-26 zugeschrieben werden, davon 14 Originale. Bereits die Untersuchungen von Klaus Höflinger hatten Iacobus als vermutlichen Verfasser des Textes identifiziert; seine Ergebnisse werden nun durch den paläographischen Befund bestätigt. Die Elongata in der ersten Zeile und den verzierten Herrschernamen dagegen schrieb der oft belegte Notar Iohannes de Lauro. Die Signumzeilen sind eindeutig weder von Iacobus noch Iohannes, ebensowenig die Monogramme: gerade diese Teile wurden in der Kanzlei Friedrichs II. gern von Hilfskräften, die zum Teil anonym bleiben, mundiert. Die eindeutige Identifizierung der Hände zweier der wichtigsten Kanzleikräfte der frühen Kaiserzeit Friedrichs II. beweist die Echtheit dieser Urkunde. Bekräftigt wird sie durch ein Siegel mit Abdruck des erstmals im März 1226 belegten Typar 9, das wohl bald nach Friedrichs II. Hochzeit mit Isabella, Erbin des Königreichs Jerusalem, am 9. XI. 1225 geschaffen wurde. Nur der Randwulst ist am linken und unteren Rand beschädigt und weggebrochen; die Umschrift ist an einigen Stellen abgegriffen, doch bei Querlicht eindeutig erkennbar. Das Siegel ist eines der ältesten mit Bezeichnung Friedrichs als König von Jerusalem. Friedrich ist für die Historie des Kreuzfahrerstaats insbesondere durch seinen zögerlich betriebenen Fünften Kreuzzug von Bedeutung, den er - ein Unikum in der Geschichte - nicht militärisch, sondern auf politischem Weg betrieb und 1229 durch einen Friedensvertrag mit dem Sultan beendete. Bekanntlich ist die Zahl gut erhaltener Siegel Friedrichs II. aus dieser Zeit gering. Trotz seiner Beschädigungen ist dieses einer der besten frühen Abdrücke von Typar 9, was zusammen mit dem Schreibervergleich die Originalität des Stückes beweist.

Die Urkunde war bislang nur durch zwei Abschriften überliefert: In einem durch den Notar Urban Peinsteiner auf Veranlassung von Abt Johann I. Poschenbeuter ausgefertigten Notariatsinstrument von 1442 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien) ist das kaiserliche Bestätigungsprivileg samt einer Beschreibung des Siegels inseriert, jedoch fehlen sowohl die Signumzeile wie jene der darin inserierten Barbarossa-Urkunde. Ein Originaltranssumpt Ferdinands II. von 1625 (Stiftsarchiv zu St. Paul, Kärnten) gibt beide Signumzeilen mitsamt beiden Herrschermonogrammen wieder. Diese Abschriften gehen unabhängig voneinander auf das vorliegende Original zurück.

Die für das Kärntner Benediktinerkloster St. Paul im Lavanttal ausgestellte Urkunde war spätestens seit der Auflösung des Klosters 1782/87 spurlos verschollen. Dass diese für das mittelalterliche Kloster so wichtige Urkunde nun als hervorragend erhaltene spätromanische Siegelurkunde wieder aus Privatbesitz zugänglich ist, stellt nichts weniger als eine Sensation dar: Seit Jahrzehnten sind auf dem Markt keine feierlichen Diplome Kaiser Friedrichs II. aufgetreten. Das einzige andere Beispiel, ein 1980 aus der Sammlung Adam verkauftes feierliches Diplom Friedrichs II. (Tenner 126, Nr. 127: DM 19.000, an H. P. Kraus), ebenfalls dem Text nach bekannt, war schlecht erhalten und hatte kein Siegel. Wie jene in unbefriedigendem Zustand und ohne das Siegel war die Urkunde Friedrich Barbarossas, die 2003 bei Stargardt/Moirandat in Basel (Los Nr. 30) 160.000 Franken vor Aufgeld und Steuern erzielte. Die Katalogbearbeiter ermittelten damals im Handel der vergangenen 100 Jahre von den sächsischen bis zu den staufischen Kaisern nicht mehr als neun Urkunden.

Eine eingehende wissenschaftliche Überprüfung unseres Stücks erfolgte durch Univ.-Prof. Dr. Mark Mersiowsky, Universität Stuttgart, Editor der Urkunden König Heinrichs (VII.), des Sohns Friedrichs II., für die Diplomata der MGH, dem für die Beschreibung gedankt sei.

Literatur

Abschrift in Notariatsinstrument von 1442 IV 6 (HHStA, AUR; alte Signatur: an. 1441 Lad. 27 Nr. 89). Abschrift in Originaltranssumpt Kaiser Ferdinands II. von 1625 VIII 1 im Stiftsarchiv zu St. Paul in Kärnten. U 1092 (Pancharte für St. Paul), fol. 9-13.

Schroll, UB St. Paul, S. 117f. Nr. 50 (Teildruck). Winkelmann, Acta l, S. 249, Nr. 274 (aus Abschrift des 19. Jh. zu St. Paul in Kärnten). Mon. hist. ducatus Carinthiae IV/1, S. 153.f, Nr. 1902. DF. II. 1160 S. 550-553. Böhmer, Reg. Imp. S. 131, Nr. 571. HB 2, S. 558. Ankershofen in: AÖG 27, S. 170, Nr. 274 (mit Zeugenreihe und Eschatokoll). Dobenecker, Reg. dipl. Thuringiae 2, S. 409, Nr. 2293. Clavadetscher, Chartularium Sangallense 3, S. 146 Nr. 1117. BFW 1600.

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