Unikales Portrait von Gustav Mahler als Hofoperndirektor

[Mahler, Gustav]. Spitzer, Friedrich Viktor, Photograph und Industrieller (1854-1922). Portrait Gustav Mahler.

Wien, 1905.

Gummidruck (Vintage), 223:164 mm. Am oberen Rand auf grauem Trägerkarton (390:298 mm) montiert, unter Passepartout gerahmt und verglast (Rahmenmaß 432:345 mm). Vom Künstler mit roter Tusche unten rechts monogrammiert und datiert, auf der Rückseite von fremder Hand mit Bleistift bezeichnet.

 65.000,00

Portrait des 45-jährigen Mahler während der Glanzzeit seines Direktorats an der Wiener Hofoper, drei Jahre nach seiner Heirat mit Alma Schindler. Das ausdrucksstarke Bildnis ist eines der hochseltenen Werke des Zuckerindustriellen und Kunstsammlers Friedrich Spitzer, der sich seit 1895 intensiv mit experimentellen photographischen Techniken und Edeldruckverfahren beschäftigte, insbesondere dem Gummidruck - einem mehrstufigen Verfahren, das durch die große Freiheit, die jeder Arbeitsschritt dem Künstler in der Bildgestaltung einräumt, den kunstphotographischen Ansprüchen der Zeit entgegenkam, indem es jedes entstandene Positiv zum Unikat macht.

Spitzer, der ein Image als Dandy kultivierte und eng mit der modernen Wiener Kunstbewegung vernetzt war, hatte sich 1902 in der von Josef Hoffmann gestalteten Künstlerkolonie auf der Wiener Hohen Warte eine Villa errichten lassen und war damit unmittelbarer Nachbar des Malers Carl Moll, Almas Stiefvater. Schon im Jahr 1900 war Spitzers Wohnung Schauplatz der Begegnung von Alma Schindler und Alexander Zemlinsky gewesen; auch bei dem schicksalhaften Abendessen im Hause von Berta Zuckerkandl, wo sich Alma und Gustav Mahler begegneten, war Spitzer anwesend.

Mit seinem schmalen, technisch brillanten und ab der Jahrhundertwende zunehmend expressiven Werk bildet Spitzer den wichtigsten Vertreter der künstlerischen Photographie um 1900 neben der als "Trifolium" bzw. "Wiener Kleeblatt" bekannten Gruppe aus Heinrich Kühn, Hans Watzek und Hugo Henneberg (Letzterer ebenfalls Nachbar auf der Hohen Warte). Die von Spitzer angefertigten "äußerst seltenen, in Kleinstauflagen erschienenen Porträtfotografien von Künstlerfreunden gehören zu den herausragenden Leistungen ihrer Zeit" (Pichler, 85). Der promovierte Chemiker Spitzer hatte auch die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien besucht, die erste Schule in Europa, an der auch Photographie gelehrt wurde. Schon 1892 wurde er in die renommierte Londoner Photographenvereinigung "Linked Ring" aufgenommen, 1897 wurde er Mitglied des Wiener Camera-Clubs.

Das vorliegende Portrait Mahlers wurde 1907 in Spitzers einziger Ausstellung gezeigt, die er gemeinsam mit Kühn in der Galerie Miethke veranstaltete. Die hier auf dem originalen Gummidruck erhaltene eigenhändige Signatur des Künstlers mit der Datierung "05" ist in den publizierten Reproduktionen regelmäßig abgeschnitten.

Von tadelloser Erhaltung, unter Museumsglas gerahmt.

Literatur

Abgebildet in: Photographische Rundschau und Photographisches Zentralblatt, Zft. für Freunde der Photographie 20 (1906), Tafelteil. Christine Kühn, Kunstfotografie um 1900. Die Sammlung Fritz Matthies-Masuren, 1873-1938, Ausst.-Kat. Kunstbibliothek Berlin, 25.4.-15.6. 2003, S. 137. Gilbert E. Kaplan, Das Mahler Album (Wien: Brandstätter, 1995, dort mit falscher Beschreibung). Erstmals ausgestellt: Galerie Miethke, Kat. Skulpturen von Ilse Conrat u. künstlerische Fotografien von Prof. Heinr. Kühn und Dr. F. V. Spitzer (1907), Nr. 122. Vgl. Gerd Pichler, "Joseph Maria Olbrichs nie gebaute Künstlerkolonie in Wien und Josef Hoffmanns Künstlerkolonie auf der Hohen Warte", in: ICOMOS 64 (2017), 83-88.