"Wie hoch ist das Fieber?"

Kafka, Franz, Schriftsteller (1883-1924). Eigenh. Brief mit U. ("K").

[Prag, Herbst 1922].

1½ SS. (30 Zeilen in Bleistift auf blau kariertem Papier). Gr.-8vo (229:145 mm).

 45.000,00

An den mit ihm befreundeten angehenden Mediziner und ebenfalls an Tuberkulose erkrankten Robert Klopstock: "Lieber Robert, paar Worte, das Fräulein wartet. Nach dem Bericht Frl. Irenes hatte ich den Eindruck, dass das eigentlich Schlimme vorüber ist und dass also das Krankenhaus nicht mehr in Betracht kommt. Immerhin, wenn Sie sich irgendwelche allerkleinste Erleichterung vom Krankenhaus versprechen, könnten wir es doch versuchen (die Bedienung bei Ihnen zuhause ist gewiss sehr schlecht) das wäre gar kein Bittgang, ich würde zu meinem Kollegen gehn und es durch ihn auf sehr stolze Weise vermitteln lassen oder was vielleicht noch besser wäre zu Prof Münzer gehn. Also äussern Sie sich. Von Dr. Hermann habe ich Auskunft heute bekommen, aber sehr kurze undeutliche, von leichter Grippe sprach er, morgen gehe ich zu ihm. Wie hoch ist das Fieber? Genau, Ihren Brief hatte ich schon beantwortet, als Frl. Irene gestern hier war. Mit dem Fieber war aber die Sache noch belangloser geworden, als sie früher gewesen war die Antwort liegt bei mir".

Irene Bugsch, die Tochter von Aladár (Alexander) Bugsch, einem der Mitinhaber des Sanatoriums in Matliary, gehörte neben ihrer Schwester Margarete und Robert Klopstock zu Kafkas engerem Freundeskreis während seines halbjährigen Kuraufenthalts (18. Dezember 1920 bis etwa 26. August 1921) in der Tatra. Damals sechsundzwanzigjährig, bewarb sie sich um die Aufnahme an der Dresdner Kunstakademie (später Staatliche Akademie für Kunstgewerbe) und wurde dabei von Kafka unterstützt. Die Verbindung zu Egmont Münzer (1865-1924), seit 1907 a.o. Professor an der Deutschen Universität Prag, war durch Kafkas Cousin Robert (1881-1922) zustande gekommen, der mit Münzer durch seine Frau verwandt war. Otto Hermann war einer der von Kafka in Prag konsultierten Ärzte.

Literatur

H. Wetscherek (Hg.), Kafkas Letzter Freund. Der Nachlaß Robert Klopstock (Wien, Inlibris, 2003), Nr. 25. Mit Abweichungen bzw. unvollständig (5 Zeilen fehlen) abgedr. in M. Brod (Hg.), Kafkas Briefe 1902-1924 (Frankfurt/M., S. Fischer, 1958), S. 419f.

Art.-Nr.: BN#54291 Schlagwort: