Über die nur kurzlebige Wiederentdeckung von Max Bruchs "Loreley"

Pfitzner, Hans, Komponist (1869-1949). 2 (1 eigenh. und 1 ms.) Briefe mit eh. U.

Straßburg, 1916.

Zusammen (3+1¾ =) 3¾ SS. auf 4 Bll. 4to. Der ms. Brief mit einigen eh. Annotationen von Max Bruch.

 2.500,00

Als musikalischer Leiter der Straßburger Oper an Max Bruch über die Verlängerung seiner Tätigkeit in Straßburg sowie über dessen Oper "Die Loreley", die 1863 in Mannheim uraufgeführt worden war und die Pfitzner fast dreißig Jahre nach ihrer letzten Aufführung i. J. 1887 wieder auf die Bühne bringen wollte und auch brachte. "Leider", so beklagt er in dem ms. Brief vom 20. Februar, "fehlen in der vom Verleger bezogenen Partitur ganze Stellen der Musik, die ich nicht missen wollte und die ich nach der Mannheimer Partitur habe nachtragen lassen. Hierüber wäre noch viel zu sagen, und ich würde sehr wünschen, dass ein mit den Klavierauszügen übereinstimmendes Material incl. Orchesterpartitur hergestellt würde. Die Ausstattung betreffend muss ich mich freilich nach der Decke strecken, wie es die Kriegszeiten nun einmal nötig machen; jedoch glaube ich, dass das Szenische, wenn auch nicht prunkvoll, so doch anständig und sinngemäß aussehen wird [...] Sie werden gewiss schon gehört haben, dass ich Strassburg verlasse; so ist die Aufführung der 'Lorelei' das letzte Werk was ich hier neu inszeniere und dirigiere [...]".

Knapp zwei Monate später folgt dann die Verständigung, daß Pfitzner doch in Straßburg bleibe und die Arbeit an der "Loreley" unverändert fortsetze: "Die Regie ist das wichtige, und ich glaube, ich bin als Regisseur unentbehrlicher denn als Dirigent, allerdings vorausgesetzt, daß das Material nach meiner Einrichtung benutzt wird, welche den Clavierauszug als Vorlage nimmt [...] Wenn an der so eingerichteten Partitur festgehalten wird, und der Kapellmeister kein Ochse oder aber willkürlicher Veränderer & Verzerrer ist, und nicht barbarische Striche macht, kann musikalisch nichts entscheidend Schlimmes mehr passieren [...]" (30. April). Nach wenigen Aufführungen jedoch sollte es wieder still um das Werk werden.

Der ms. Brief mit einigen An- und Unterstreichungen Bruchs in blauem Farbstift und einer eh. Notiz mit U. zur Weiterleitung des Briefes an den Verlag der "Loreley", C. F. W. Siegel's Musikalienhandlung (R. Linnemann)", damals im Besitz der Brüder Carl und Richard Linnemann. Zu Pfitzners Wort, "dass die Aufführung eine Wiedergeburt des Werkes bedeutet", merkt Bruch an: "Möglich - aber wer kann's wissen!! M. B."; zu Pfitzners Wunsch, daß in Vertretung des unabkömmlichen Bruch "jemand, der Ihnen und womöglich auch dem Werke nahesteht, die Reise hierher nicht scheut, und die Vorstellung miterlebt": "Aber mein Sohn Ewald, Leutn. d. Res. (in den Vogesen!)".

Der eh. Brief mit mehreren Unterstreichungen Bruchs in blauem Farbstift und einem montierten Zeitungsausschnitt, der darüber Auskunft gibt, daß der Straßburger Bürgermeister der Zeitung mitgeteilt habe, daß Pfitzner "der Stadt und ihrem Kunstleben erhalten bleiben" werde. Der eh. Brief mit kleineren Gebrauchsspuren, der ms. im linken Rand gelocht (keine Textberührung) und stärker abgegriffen und lädiert.

Art.-Nr.: BN#54772 Schlagwort: