Brod, Max, Schriftsteller (1884-1968). 3 ms. Briefe mit eigenh. U.

Prag, 1931 und 1932.

Zusammen 4¾ SS. auf 5 Bll. 4to und 8vo. Mit 2 ms. adr. Kuverts.

 1.250,00

An die Journalistin und Lektorin Martha Maria Gehrke über seinen bei Zsolnay erschienenen Roman "Stefan Rott oder Das Jahr der Entscheidung": "Sie sagen, dass mein Held Stefan am Schluss des Buches sich und die von ihm erreichte Geistesstufe durch den Krieg widerlegt fühlt. Das war nicht meine Absicht. Vielleicht habe ich das nicht deutlich genug gesagt, aber ich glaube doch, dass im Schlusskapitel sehr klar dargestellt ist, dass ich die Synthese verehren und helfen, die von Stefan angestrebte und erreichte Zweigleisigkeit für eine definitive Lösung halte, die auch in den Wirrnissen von heute den einzig möglichen Ausweg zeigt. Der Krieg hat die Menschheit nur insofern um einige Jahrzehnte zurückgeworfen, als Aktualisierung dieses einzig möglichen Weges heute auf grössere Schwierigkeiten stösst als vor dem Krieg. Eine grosse Chance hat die Menschheit verpasst. Aber für die Ewigkeit bedeutet das nichts, nur für einige Jahrzehnte […]" (18. XI. 1931).

"Ich habe mit den Partien meines Romans, die von Richard Wagner handeln, nur einen kleinen Teil meiner Dankesschuld an diesen Genius abgetragen […] Auch ich kenne überdies in Wagners Opern neben den 'schönen' auch viele 'hässliche' Stellen. Auf Grund Ihres Briefes habe ich mir durch den Kopf gehen lassen, ob sonst in meinen Werken von Wagner die Rede ist. Merkwürdigerweise nein. Es kommt zwar viel Musik in meinen Romanen vor, besonders Berlioz, Offenbach, Schumann, Smetana […] Aber Wagners habe ich wohl erst im 'Stefan Rott' gedacht […]" (23. XII. 1931).

"Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zweigleisigkeit möglich ist. Ich will dies jetzt in meinem zweiten Teil des Romans darstellen. Der Ausbruch des Krieges ist keine Aufhebung meines Glaubens, sondern nur eine zeitliche Vertagung, eine Unterbrechung, ein Aufschub. Ich bin fest überzeugt, dass die Menschheit gar nicht anders gerettet werden kann als durch diese Wendung zur Zweigleisigkeit und dadurch, dass endlich einer den Mut hat, zu sagen, dass es gar keinen Mut bedeutet, extrem zu sein [...]" (8. III. 1932).

Jeweils auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf des "Prager Tagblatts".

Art.-Nr.: BN#56192 Schlagwort: