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Zisterziensischer Libellus antiquarum definitionum des frühen 14. Jahrhunderts.
Lateinische Handschrift auf Pergament. 124 Bll. 3 kodikologische Einheiten; vorn und hinten je 1 Doppelblatt mit dem Einband verleimt; das erste Quinio mit Register aus deutlich feinerem und hellerem Pergament und etwas kleiner (160 x 117 mm). Hauptteil aus 10 Quinionen (170 x 123 mm) und einem Binio, in das ein Quaternio nachträglich nach fol. 103 eingefügt wurde. Schriftspiegel 129 x 81 mm mit Tinte umrahmt, vertikale und horizontale Linien reichen bis an den Blattrand. Einstichlöcher der Linierung sichtbar. Hauptteil in Textualis, vorangestelltes Register und Nachträge in Kursive, Punctus flexus im hinzugefügten liturgischen Teil. Wenige Annotationen. Rubriken und rote Seitenüberschriften zu den einzelnen distinctiones, rote Kustoden und kursive Reklamanten am letzten Blatt der Lage unten. Nachträgliche mittelalterliche Foliierung und Markierung von Abschnitten durch Buchstaben für das Register im Hauptteil. Gotischer Blindstempeleinband aus braunem Leder über verleimten Pergamentblättern. Das Leder des Hinterdeckels ursprünglich als Klappe über den Vorderschnitt gezogen mit Metallschließe in der Mitte des Vorderdeckels. Stempel im Hauptfeld: Agnus Dei ohne Kelch, Stange gerade, schreitend nach links, gerahmt (12 x 10 mm) sowie feuerspeiendes Fabelwesen (?) widersehend, springend nach links, gerahmt (13 x 10 mm) abwechselnd in 5 Reihen zu 3 Stempeln angeordnet. Rahmung aus doppelten Streicheisenlinien. Bordüre: in den Ecken Stempel wie im Hauptfeld, oben und unten "hilf maria", Leiste (35 x 5 mm) ähnlich EB s033169/112518s aber kleiner; links und rechts abwechselnd Lilie im Rhombus und sechsblättrige, gefiederte Rosette im Kreis. Kl.-4to (130 x 172 mm). In maßgefertigter Halbmaroquinkassette mit goldgepr. Rückentitel.
Libellus antiquarum definitionum der Zisterzienserabtei Himmerod in der Eifel, der Hauptteil kurz nach 1316 entstanden. Der Text musste in allen Zisterzienserklöstern kopiert werden und ist relativ häufig überliefert, aber nicht ediert. Zusammen mit den später dem Band hinzugefügten Eidformeln und Texten zu Profess und Visitation bietet die Handschrift ein Kompendium für die spirituelle Administration im Zisterzienserorden.
Wie bereits im Libellus definitionum von 1289 beginnt der Text mit der Carta Caritatis posterior (mit Prolog), gefolgt von der 1265 von Papst Clemens IV. promulgierten Bulle Parvus Fons (mit Prolog) und damit mit Texten zur "Verfassung" des Ordens (Lucet 1965, 255 und 257). Das in 15 distinctiones geteilte Werk schließt mit dem Decretum ordinis generalis (fol. 96r), dem ein 1316 erstmals hinzugefügter Absatz über die Anwendung des Libellus bei Zisterzienserinnen folgt. Im Anschluss werden die einzelnen distinctiones und ihre capitula aufgelistet. Zur besseren Handhabung wurde die Handschrift nachträglich für ein dem Text vorgebundenes alphabetische Register überarbeitet. Alle Blätter des Haupttextes sind mittig am oberen Rsand foliiert, die einzelnen Kapitel am Rand durch Buchstaben in Abschnitte geteilt, auf die die Registereinträge verweisen.
Die Handschrift mit der Signatur des 15. Jhs. "D XVIII" zu Beginn des Hauptteils reiht sich ein in eine Gruppe von heute zusammen mit anderen Himmeroder Handschriften in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrten Libelli definitionum aus dem 13. und 14. Jahrhundert: die aufeinanderfolgenden spätmittelalterlichen Signaturen weisen auf eine gemeinsame Aufbewahrung in der alten Himmeroder Bibliothek hin (Berlin Lat. oct. 242 trägt die spätmittelalterliche Signatur D XVII; es folgte Berlin Lat. oct. 243 als D XIX). Die Bibliothek des Klosters Arnsburg, wo der Band später auftaucht, wurde zum ersten Mal im 30-jährigen Krieg zerstört und verstreut, danach aber wiedererrichtet. Nach der Säkularisation 1802 gingen die Bücher an die Gräflich Solms-Laubach'sche Bibliothek in Laubach (Kuczera 2011, 145).
Inhalt:
(1*v) Nachträge: Eintrag über die Approbation des Libellus definitionum 1317 (Canivez III, 336 Nr. 12); Eidformeln für den Abt Latein und Deutsch.
(2*-11*v) Alphabetisches Register.
(1r-102v) Libellus antiquarum definitionum 1316 (unzureichender Druck Séjalon 1892, 367-470; einige Parallelüberlieferungen genannt in Lucet 1965, 257). Tit.: Libellus statutorum Cysterciensis ordinis illorum videlicet que ad regularem observantiam, correctionem morum viteque disciplinam pertinenere noscuntur. Prologus super cartam caritatis. Inc.: Antequam ordo cysterciensis esset plurimum dilatatus … Expl.:… et faciant ab aliis firmiter observari. Explicit liber diffinitionum.
Es folgt eine Aufzählung der distinctiones und ihrer capitula. Expl.: ... De institutione abbatissarum, capellanis et conversis monialium.
(103v) Nachtrag: Kurze Anweisungen für den Ablauf der Profess.
(104r-110r) Liturgie für die Profess und Einkleidung. Der Text ist in der weiblichen Form Singular gehalten, mit dem Plural und fallweise den männlichen Pluralformen interlinear (nachträglich eingefügte Lage).
(110v-113v) Nachtrag: Anweisungen und Texte für Visitatoren.
Einband berieben, Deckel mit Wurmspuren, Rücken mit Fehlstellen, Lederklappe fragmentarisch erhalten. Innen teils etwas fleckig, insgesamt jedoch wohlerhalten. Mehrere mittelalterliche Besitzvermerke: "Liber monachorum Hymmenroden(sium)" (erstes Bl. recto); "Monachorum de Hymmerode, ordinis Cisterciensis, Treverensis diocesis, pro abbacia" (letztes Bl. verso); Himmeroder Signatur des 15. Jahrhunderts zu Beginn des Hauptteils: "D XVIII". Danach im Zisterzienserkloster Arnsburg mit neuzeitlichem Besitzvermerk "Bibliotheca Arnsburgensis" (erstes Blatt recto); auf fol. 106r in der D-Initiale Eintrag "Frater Iohannes Wellen. Anno domini 1582".
Joseph-Marie Canivez, Statuta capitulorum generalium ordinis Cisterciensis, Tom. III (1262-1400) (Bibliothèque de la Revue d'histoire ecclésiastique 11, Louvain 1935). Andreas Kuczera, Arnsburg, in: Friedhelm Jürgensmeier - Regina Elisabeth Schwerdtfeger (Hg.), Germania Benedictina IV/1, Die Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und Thüringen 1 (St. Ottilien 2011), S. 113-163. Bernard Lucet, L'ère des grandes codifications cisterciennes (1202-1350), in: Études d'histoire du droit canonique dédiées à Gabriel Le Bras I (Paris 1965), S. 249-262. Hugues Séjalon, Nomasticon Cisterciense (Solesmes 1892). Ambrosius Schneider, Skriptorium und Bibliothek der Cistercienserabtei Himmerod im Rheinland. Zur Geschichte klösterlichen Buchwesens im Mittelalter, in: Bulletin of the John Rylands Library 35 (1952/53), S. 155-205. Ders., Skriptorium und Bibliothek der Abtei Himmerod: ein Beitrag zur Geistesgeschichte des Eifelklosters (Himmerod 1974).