"ein deutscher Beschwichtigungsband, oder womöglich gleich zwei, muss unbedingt in allernächster Zeit heraus"

Mann, Thomas, Schriftsteller und Nobelpreisträger (1875-1955). 3 ms. Briefe mit eigenh. U., 2 eh. Postkarten mit U. und 1 eh. Briefkarte mit U.

München, 1927.

Zusammen 11½ SS. auf 6 Bll. 4to und (qu.-)8vo. Die Postkarten mit eh. Adresse, die Briefkarte mit eh. adr. Kuvert.

 12.000,00

Unveröffentlichte Korrespondenz mit dem Schriftsteller und Übersetzer Hermann Georg Scheffauer, der gemeinsam mit Mann die im Verlag Th. Knaur Nachf. neu erscheinende Reihe "Romane der Welt" herausgab, von der bis März 1928 insgesamt 58 Bände erscheinen sollten: "Wie Sie mir Melville und Ilona charakterisieren, sind es gewiss gute Bissen für die Sammlung. Die deutschen Autoren sind auch meine Sorge", doch bringt Mann eine ganze Reihe von Namen ins Spiel, darunter A. M. Frey, Balder Olden, Ernst Lothar, Leo Perutz, Arnold Ulitz, Wilhelm Speyer, Willi Seidel, Bruno Frank und Bruno Götz (27. I. bzw. 31. III.).

"Die Frage eines deutschen Buches, das wirklich unbedingt so bald wie möglich heraus muss, beschäftigt mich dauernd. Aber die Hauptschwierigkeit ist eben die, die Sie nennen, dass die besseren Autoren in festen Händen sind. Wir dürfen beide nicht müde werden, uns weiter umzusehen. War das Manuskript von Frey ganz ungeeignet und haben Sie an die Autoren geschrieben, die ich Ihnen genannt habe? Anbei erhalten Sie 2 Briefe von Leuten, die sich als Uebersetzer anbieten und mit denen Sie vielleicht Fühlung nehmen. Hinzu kommt noch ein Brief einer mir bekannten Dame, Fräulein Emma Bonn in Feldafing bei München, der desselben Inhalts ist. Diese Dame ist zweisprachig, d. h. englisch-deutsch aufgewachsen, produziert selbst literarisch und würde nicht nur gut übersetzen sondern wahrscheinlich auch interessante Vorschläge machen können, was Material betrifft [...]" (1. III.).

Emma Bonn, die Tochter einer aus Deutschland stammenden Bankiersfamilie, wurde 1879 in New York geboren und kehrte in jungen Jahren mit ihrem Vater Wilhelm und ihrem Bruder Max nach Frankfurt zurück. 1913 zog sie nach Feldafing am Starnberger See, wo sie ein altes Haus zu einer stattlichen Villa umbauen ließ; die übrige Familie übersiedelte bis in die 1920er Jahre nach England, wo sich der Schwerpunkt ihrer Unternehmungen befand. In Kronberg i. T., wo die Familie bis zum Ersten Weltkrieg die Sommer zuzubringen pflegte, genoss sie wegen ihrer Wohltätigkeit großes Ansehen; Emmas Vater war der Namensgeber einer dortigen Straße, und im ehemaligen Sommersitz der Familie ist heute das Rathaus der Stadt untergebracht. Emma gehörte in Feldafing zum Kreis um Thomas Mann und Bruno Frank und schrieb heute weitgehend vergessene Romane und Erzählungen. Ihr Leben, das seit 1929 von einer schweren Nervenkrankheit überschattet war, endete am 24. Juni 1942 in Theresienstadt.

Mit Ausnahme der beiden Postkarten jeweils auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf.

Literatur

Nicht in: Die Briefe Thomas Manns. Regesten und Register. Hrsg. v. Hans Bürgin und Hans-Otto Mayer. Bearb. und hrsg. unter Mitarbeit von Yvonne Schmidlin (Frankfurt a. M., S. Fischer, 1976ff.).

Art.-Nr.: BN#56243 Schlagwort: