Westendarp, Charles (Carl), deutsch-britischer Kaufmann und Reisender (geb. 1835). Eigenh. Reise- und Handelsbericht aus dem Mittleren Osten.

Aden, Bombay, Indischer Ozean, Arabische See, Berbera u. a. O., 1859-1860.

(4), 256, (4) SS. Deutsche Handschrift auf Papier. Mit 12 kleinen Zeichnungen im Text, 24 montierten und handkol. Lithographien sowie einer montierten Kupferstich-Faltkarte (ca. 280:277 mm) der somalischen Küste und Teilen Äthiopiens mit verzeichneten Stämmen. Schwarzer Ledereinband der Zeit mit blindgepr. Bordürenband und Messingschließe. Dreiseitig marmorierter Schnitt. 8vo.

Auf Anfrage

Ausführliches, von 17. Dezember 1859 (Aden) bis 17. März 1860 (Berbera) geführtes Tagebuch des Handelsagenten Charles Westendarp, wohl Vertreter einer Hamburger Kaufmannsfamilie, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts in London niederließ und als Elfenbeinhändler reüssierte. Reich an Details zur Tätigkeit europäischer Kaufleute zwischen Arabien, Nordafrika und der Westküste Indiens.

"Hoffentlich ist die Reise der Grundstein eines guten, soliden Geschäftes", schreibt der jung wirkende Verfasser am 18. Dezember 1859 und beginnt seine Beschreibung im seinerzeit als britisches Protektorat regierten Aden mit einer Aufzählung jener Handelsgüter und Warenproben, die er bereits nach London sendet. In der Hoffnung auf schnellen und üppigen Profit träumt der Verfasser davon, seinen Eltern ein Haus in Georgenthal zu bauen und eine Frau zu ehelichen. Besonders das Guano-Geschäft interessiere ihn, doch ließen sich wohl bessere Gewinne mit Genussmitteln wie Kaffee und Tabak, Stoffen der chemischen Industrie (Färbemittel, verschiedenste Gummi-Sorten) und Elfenbein lukrieren. Vorrangiges Ziel der Reise ist der riesige Markt von Berbera an der Küste Somalias, den der Geschäftsmann mit dem ortsansässigen Dolmetscher "Jama" besuchen will und über einen Zwischenaufenthalt in Bombay ansteuert, und der jährlich sechs Monate lang geöffnet ist.

Jamas Gedanken zur britischen Besatzung verraten etwas von der kulturellen Kluft zwischen Orient und Okzident: "Die Engländer haben viele gute Gesetze, aber [...] das Heirathen von nur 1 Frau sei ganz falsch" (11. II. 1860, S. 113). Etliche kleine Episoden des Tagebuchs machen die Fröhlichkeit und Lebensfreude der Einheimischen spürbar: "Ein Haufen von gewiß 50 wenn nicht 100 kleinen dunkelbraunen Somali Knaben im Adams Costüm, welcher als Arrière Garde einen kleinen Trupp aus kleinen Röckchen bekleideter Mädchen hatte, folgte uns überall [...]" (12. I. 1860, S. 120).

Die Lithographien zeigen vorwiegend Kostüme Asiens. Mit einigen kleinen Zeichnungen illustriert der Verfasser humorvoll skurrile und exotische Eindrücke wie etwa den von Muslimen beim Beten auf Schiffsdeck hinterlassenen Abdruck (S. 111). Einige Redaktionsvermerke in Bleistift. Einband leicht berieben und bestoßen, das Vordergelenk mit wenigen Wurmlöchern.

Art.-Nr.: BN#56281