"man muß in den Himmel der großen Kunst flüchten (oder der Philosophie), um die Torheiten der Politiker nicht dauernd auf der Zunge und im Magen zu spüren"

Brod, Max, Schriftsteller (1884-1968). 13 eigenh. Briefe mit U.

Pforzheim, Flims, Tel Aviv u.a., 1966-1968.

Zusammen 21 SS. auf 13 Bll. 4to und 8vo. Mit 8 meist eh. adr. Kuverts, 3 Briefe auf adressiertem und gelaufenem Luftpostpapier.

 2.800,00

Freundschaftliche Korrespondenz mit dem Kapellmeister Josef Zosel und Gattin in Wiesbaden über seine Bücher, seine Arbeit und die Zeitläufte: "Die gestern veröffentlichten '23 Punkte' Maos zeigen deutlich, daß diese große schöne Kultur, die Lin Yutang vertritt, schwer bedroht ist und den neuen Vandalen zum Opfer fallen soll. Sie wird aber überleben! [...]" (26. VIII. [1966]; beiliegend eine knapp 10:10 cm große Photographie, die Brod zusammen mit dem Ehepaar Zosel zeigt).

"Auch ich habe in diesem Winter, der hier ungewöhnlich kalt war und viel zu lang, zweimal heftige Grippe gehabt, habe mich aber ganz erholt und arbeite mit Freude an einem neuen Buch, das eigentlich eine Neufassung meines Hauptwerks 'Diesseits und Jenseits' (mit dem neuen Titel 'Das Unzerstörbare') werden soll [...]" (15. IV. 1967).

"Wir erleben schwere Tage nebst ebensolchen Nächten - die alten Gespenster (wie Bombardement etc.) scheinen wieder wach geworden. Vorläufig nur gedanklich! Hoffentlich verschwinden sie raschest im Orkus [...] Noch eine Neuigkeit: Die Oper 'Nana' von Manfred Gurlitt (jetzt in Tokyo), Textbuch von mir - eine fesche, dabei musikalisch erstklassige Sache - hat an der Oper in Bordeaux [...] bei der Weltpremière einen durchschlagenden Erfolg gehabt [...]" (29. V. 1967).

"Hier ist es reizend, wie immer, nur verdirbt heuer die Hitze einen Teil des Vergnügens, wie es im Vorjahr der Regen tat. Die Politik stört weiterhin meine Ruhe und manchmal auch den Schlaf. Was soll man tun, die Menschen (und vor allem: die Politiker) nehmen keine Vernunft an [...]" (Bad Ragaz, 21. VII. [1967]).

"Vom Frieden sind wir hier leider weit entfernt. Ebenso leider auch in Vietnam. Die Erde mit den verrückten Menschenkindern bietet einen trostlosen Anblick - und man muß in den Himmel der großen Kunst flüchten (oder der Philosophie), um die Torheiten der Politiker nicht dauernd auf der Zunge und im Magen zu spüren [...]" (14. V. 1968).

Art.-Nr.: BN#56371 Schlagwort: