Wüllerstorff-Urbair, Bernhard Ritter von, Vizeadmiral und Handelsminister (1816-1883). Konvolut von 5 eh. Briefen mit U.

Pola, Nieuwediep, Venedig, Tonkjeri Bai (Troja) und o. O., 1851-1864.

22½ SS. auf 6 Doppelbll. Mit einem eh. adr. Kuvert mit Siegelrest.

 750,00

Wohl durchwegs an seinen Freund, den Astronomen der k. k. Marine Franz Schaub in Triest und Pula, bei dem (nebst Littrow) er in Wien studiert hatte. Wüllerstorf-Urbair war von der Steiermark verspätet nach Triest gekommen, hatte Schaub nicht mehr besuchen können und reiste dann über Smyrna zu einer Meeresbucht bei Troja. Wüllerstorfs Stimmung sei trotz Zeitnot ausgezeichnet, er müsse seine Mahlzeiten selbst erjagen, habe versucht, in der Adria astronomisch-geographische Bestimmungen der Längengrade vorzunehmen und lädt Schaub nach Neapel ein: "Ich laße mich also trotz Allem getrost weiter schwämmen von den Wellen der Zeit so ziemlich unbekümmert an welchem Strand ich enden werde. Kronometer und Sextanten habe ich wenig gebraucht [...]" (27. VI. 1851).

Wüllerstorf sei nun endlich in Pola und könne Schaub besuchen, Chronometer und Regelkompass seien nicht angekommen, jedoch notwendig vor der Abreise nach Ägypten: "Würden diese [Messgeräte] des Abends voll aufgezogen so könnten sie in meine Hände Samstag um 4 Uhr Nachmittag in bestem Zustande gelangen [...]" (28. XI. 1855).

Zum Skandal um die beiden Brüder Attilio und Emilio Bandiera, zum Wechsel des ganzen Geschwaders in der Levante, mit der Bitte um Zusendung der "Astron. Nachrichten" für die Sternenbeobachtung und zur Regelung einer missbrauchten Vollmacht durch einen gewissen Wesetzky: "Die Hauptsache scheint mir indeßen jedenfalls zu seyn, meine Vollmacht diesem Herrn W. zu entreißen, denn ich könnte sehr unangenehm damit betrogen werden [...]" [o. D.].

Zur Organisation und Bezahlung der Anreise seines 15-jährigen Sohnes Karl zwecks Urlaub nach Venedig mit Hilfe des Adjunkten Dr. F. Paugger, da der Marine-Kriegssekretär Berthold nicht in Triest sei, mit fachlichen Ausführungen zu meteorologischen Aufsätzen über Winde und Stürme von Wüllerstorff selbst, von Dove, Prestel und Andrau, zum Besuch der Familien des Chemikers Liebig, des Zoologen Liebold und des Chemikers Wöhler, mit Interesse am Fortschritt eines "Fernrohrs mit getheilten Objektiven", zu einer "Kaffeehausbeobachtung" mit kleiner Illustration der Bahn der verglühenden Sternschnuppenteilchen: "Ich habe von dem Teufelsjungen auch nicht eine Zeile während seiner ganzen Reise erhalten [...] der Schweif welchen [die Sternschnuppe] zurückließ blieb über 10 Minuten sichtbar, bewegte sich aber mit dem aufspringenden leichten Landwinde deutlich über die Sterne und änderte seine geradlinige Richtung in eine Schlangenlinie [...]" (13. IX. 1863).

Zur Errichtung meteorologischer Stationen im Adriatischen Meer, dem diesbezüglichen Rückstand Deutschlands zu anderen Ländern, Problemen mit See und Wetter, zur Niederländischen Küstenlandschaft, zum Besuch seiner Frau während der Waffenruhe in Dover am Ende des Deutsch-Dänischen Kriegs und ihrer Ankunft in Amsterdam: "Das ist wirklich nur ein grünangestrichener Winter statt eines Sommers [...] Nun die Flotten Abtheilung unter Tegetthoff hat bewiesen was die Marine leisten kann und daß wir aus demselben Teig geknettet [!] sind wie unsere Armee [...]" (28. V. 1864).

Wüllerstorff-Urbair wurde "1839 zum Schiffsfähnrich befördert und mit der Leitung der Marinesternwarte in Venedig, sowie mit der Lehrkanzel für Astronomie und Nautik an der Marineakademie", zehn Jahre danach mit dem Kommando über die Brigg "Montecuccoli", 1860 mit der Festungskommandatur in Pula und wenige Jahre später mit dem Posten des Hafenadmirals und Arsenalkommandanten in Venedig betraut (ADB XLIV, 308f.).