Mit Frontispiz in Mikroschrift und koloriertem Portrait des Paracelsus

Knauff, Stefan, Wundarzt (fl. um 1620). Der Barmhertzige Samariter oder Warhafftige undt einfaltige Ahnweißung mit geringer Mühe und Kosten herliche unndt offt bewerte Arzeney mittell wider innerliche undt eyßerliche Gebrechen deß Menschen zu zu richten [...].

(Vermutlich Rheinland/Süddeutschland, spätes 16. Jh. bzw. um/vor 1619).

187 beschr. SS. auf 175 nn. Bll. (viele nicht beschr. SS. in Rot regliert). Deutsche und vereinzelt lateinische Handschrift auf Papier, von zumindest 3 Händen mit brauner und roter Tinte in regelmäßiger Kursive geschrieben. Mit goldgehöhtem Kalligramm in Mikroschrift sowie 2 ganzseitigen Porträts und 1 Wappen, jeweils farbig aquarelliert und goldgehöht. Blindgepr. Lederband der Zeit mit gepunztem Goldschnitt; Vorderdeckel mit Prägung "Adam Eckhart". Ohne die Schließbänder. 8vo (100 x 150 mm).

 15.000,00

Reizvoll illustrierte medizinische Sammelhandschrift von mehreren Händen, durchwegs dem Ende des 16. bzw. den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts angehörend. Den Beginn bildet ein Kompendium von Rezepten eines Baders oder Wundarztes, hauptsächlich Salben, Pulver und Pflaster gegen Stichverletzungen und blutende Wunden umfassend, aber auch Mittel gegen Krämpfe und andere Leiden. Wie die nach den einzelnen Abschnitten freigelassenen Seiten und einige Schreibversehen nahelegen, wurde das Büchlein aus einer älteren Sammlung abgeschrieben und hier auf Zuwachs angelegt. Der anonyme Autor dieser Zusammenstellung, die vielleicht noch dem späten 16. Jahrhundert entstammt, macht kein Hehl aus seiner Bewunderung für Paracelsus, dem er eine fein illustrierte und kolorierte Doppelseite mit Portrait, Wappen und Ansicht seines Sargs widmet.

Darauf folgt ab Bl. 55 ein umfangreicher, geschlossener medizinischer Abschnitt unter dem Titel "Der barmhertzige Samariter", zu Beginn und Ende signiert von Stephan Knauff - höchstwahrscheinlich der Wundarzt dieses Namens aus Vianden bei Trier, der 1634 in den Mirakelbüchern des Klosters Eberhardsklausen erwähnt wird (vgl. P. Hoffmann, Publ. der Ges. f. Rheinische Geschichtskunde, Bd. 64, Nr. 824).

Eine ganzseitige Illustration gegen Ende des Bands zeigt einen Priester mit Kreuz und Vanitas-Schädel - anscheinend ein Selbstportrait des aus Baden gebürtigen Johann Martin Hecker, Kaplan in Fraulautern im Saarland. Dieser setzt zuletzt eine zweiseitige Nachschrift vom 29. Dezember 1619 hinzu, in der er den Band seinem "guten Freind" Adam widmet, vermutlich der am Vorderdeckel genannte Besitzer Adam Eckhardt. Möglicherweise war es auch der Theologe Hecker, der das dekorative Frontispiz voranstellte: ein aufmontiertes Blatt, anscheinend entnommen aus einer wenig früheren katechetischen Handschrift, der es wohl als Titel diente ("Die sechs Hauptstuck christlicher Lehre, in unten verfassete stuck geschrieben, durch Martinum Dornbergern", dat. 1608). Das meisterliche Kalligramm in Mikroschrift stellt die Zehn Gebote, Vaterunser, Glaubensbekenntnis etc. in Form von Kelch, Hostie und Gesetzestafeln dar. Der Kalligraph Martin Dornberger wird 1580 im lutherischen Konkordienbuch als Kirchendiener in der Superintendenz Hilpoltstein (Franken) erwähnt.

Einband etwas bestoßen und wellig, Rücken und Gelenke etwas berieben, kl. Fehlstelle am oberen Kapital. Innen leicht gebräunt bzw. fleckig, vereinzelt auch etwas wasserrandig, mehrere kl. Eckausrisse ohne Textberührung. Aus der Bibliothek des Antwerpener Bankiers und Bibliophilen Jan Baptist Vervliet (1855-1942) mit seinem Exlibris am vorderen Innendeckel.

Art.-Nr.: BN#57384 Schlagwörter: , ,