Massenware nicht gefragt

  • Stuttgarter Zeitung
  • 29. Januar 2002
  • Irene Ferchl

Bilanz der Antiquariatsmessen in Stuttgart und Ludwigsburg

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Nach den sensationellen Umsätzen im Vorjahr war es nun "eine ganz normale Stuttgarter Messe" (Götz Kocher-Benzing) mit unter dem Strich weitgehend zufriedenen Ausstellern. Rund 8000 Besucher wurden in Stuttgart gezählt, rund 2200 in Ludwigsburg - das sind Zahlen, die sich nicht wesentlich von denen der früheren Jahre unterscheiden. Allerdings fehlten die kaufkräftigen Händler aus den USA, ob aus Flugangst, wegen der angeschlagenen Konjunktur oder der zeitnahen Antiquariatsmesse in Los Angeles. Erfreulicherweise kamen neue Käufer aus Italien oder Spanien und - niemand hätte das angesichts der leeren öffentlichen Kassen erwartet - auch einige größere Bibliotheken und Institutionen.

Gefragt waren seltene und ausgefallene Exponate. So konnte Tenschert den außer Katalog angebotenen Atlas "Libro dei Globi" von V. M. Coronelli, gedruckt in Venedig um 1700, für 280 000 Euro verkaufen, Neidhardt die siebenbändige Modezeitschrift "Gallery of Fashion" für 49 000 Euro und Braecklein das Liebesliederbuch "Filidor der Dorfferer" für 25 000 Euro. Fünfstellige Eurobeträge zahlten mehrere Sammler: 14 500 für einen um 1488 entstandenen Druck von Guido de Cumis (Deuticke), 60 000 für ein holländisches Stundenbuch (Dr. Günther), 10 500 für eine Goethe-Sammlung (Inlibris) oder 16 000 für ein illustriertes "Büchlein von den Peinen" (Stuttgarter Antiquariat).

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Eine Neuerung wird es jetzt in Stuttgart geben: der bisherige dreiköpfige Messeausschuss überträgt die Aufgabe der Messeorganisation an eine Firma, denn, so der seit fünf Jahren ehrenamtlich wirkende Götz Kocher-Benzing vom Stuttgarter Antiquariat, man sei damit einfach überlastet. Er selber bleibt als stellvertretender Vorsitzender des Verbands Deutscher Antiquare Verbindungsmann nach Stuttgart. Ob und was sich dadurch ändern wird, ist abzuwarten. Kümmern sollten sich die neuen Organisatoren vor allem um das Erscheinungsbild, denn nach mehreren Jahrzehnten ist das Mobiliar mittlerweile so schäbig, dass es keinen angemessenen Rahmen für die wertvollen Exponate mehr abgibt. Für Ende Januar 2003 - genaue Termine stehen noch nicht fest - sind die 42. Stuttgarter Antiquariatsmesse und die 17. Ludwigsburger Antiquaria geplant.