Peisker, Anton, dt.-österr. Militär und Maler (geb. 1833). Autobiographische Aufzeichnungen. Eigenh. Manuskript.

O. O., wohl um 1874.

171 beschriebene SS. und 42 Leerbll. Deutsche Handschrift auf Papier. Mit 36 Federzeichnungen (davon 4 ganz-, 1 doppelseitig, 4 farbig laviert), 10 ganzseitigen Aquarellen oder farbig lavierten Bleistiftzeichnungen, 2 Kohlezeichnungen, 3 Photographien und 2 Photographien nach Zeichnungen sowie 1 aquarelliertem Familienwappen (teils einmontiert). Halbleinenband der Zeit (etwas berieben). Dreiseitiger Goldschnitt. Gr.-8vo (160 x 222 mm).

 1,800.00

Der aus Mainz gebürtige Verfasser beschreibt seine schwere, sogar von zeitweiliger Blindheit gezeichnete Kindheit als Sohn eines im Zuge der Napoleonischen Kriege am Rhein stationierten böhmischstämmigen Unteroffiziers der kaiserlichen Armee (dazu hübsche Ansichten des alten Mainz und seiner Umgebung). Nach kurzer Involvierung in die Aufstände von 1848 erzwingt der Vater den Eintritt des 15-Jährigen ins österreichische Heer. Peisker erzählt und illustriert seinen Marsch nach Prag, seine Erfahrungen bei den Kampfhandlungen der Revolution in der tschechischen Hauptstadt (dazu verschiedene Skizzen seiner "Feuertaufe"), in der Schlacht von Novara, die Einnahme Venedigs mittels Luftbombardements mit Ballonen (dazu ein doppelseitiges Panorama), den Zug über Varese, Verona (schönes Aquarell eines Sonnenaufgangs über dem Giardino Giusti), Innsbruck nach Bregenz und seine Zeit in der Artillerieakademie Olmütz (zu dieser eine Doppelseite voll Szenen, Ansichten und Karikaturen).

Peiskers zeichnerisches Talent bleibt nicht unentdeckt: Verschiedentlich für Vorgesetzte und andere Angehörige der Armee künstlerisch tätig, kommt er nach Wien, wo es ihm gelingt, als "Diurnist" (Kanzlist und Schreiber) in den Staatsdienst unter Johann Franz Freiherr von Kempten und Fichtenstamm und General Ferdinand Freiherr von Langenau zu wechseln (ein schönes Aquarell zeigt ein Interieur seiner "Junggesellen Wohnung 1858 [...] ganz an der Kettenbrücke"). Zum Zweiten Sardinischen Krieg wieder eingezogen, macht er die Schlacht von Solferino mit (dazu eine stimmungsvolle Ansicht des Schlachtfelds zwei Tage vor der Schlacht); hernach kommt er über Treviso nach Rovigo, Padua (Ansicht vom Schloss Monselice im Abendlicht) und Venedig, wo er ein Gefallenendenkmal schafft (dazu eine kleine Federskizze, außerdem ein reizvolles Aquarell von Gondolen vor den Giardini).

Über den Brünner Maler Carl Reichardt mit Emanuel Stöckler und dem Führich- und Kupelwieser-Schüler Ludwig Johann Passini bekannt, wird Peisker hier in den Kreis um Carl Werner und den Akademieprofessor Karl von Blaas und seine Söhne eingeführt, mit denen er regelmäßig verkehrt und die ihn in seinem Schaffen ermuntern. Durch solchen Umgang genährte Hoffnungen, als selbständiger Künstler bestehen zu können, stellen sich nach seiner daraufhin eingereichten Demission jedoch als illusorisch heraus, und Peisker tritt in den Telegraphendienst ein, der ihn zunächst nach Ungarn führt, bevor ihm eine freie Stelle in Venedig die Rückkehr in den Kreis seiner Kollegen ermöglicht (hierzu weitere fein ausgeführte Federzeichnungen der Lagunenstadt). Den Abschluss des Manuskripts bilden zwei Originalphotographien des Künstlers in Offiziersuniform.

Saubere, offenbar in mehreren Arbeitsgängen angelegte, jedoch in sich abgeschlossene Handschrift, die nicht nur durch zahlreiche qualitätvolle Werkproben besticht, sondern wohl auch die reichhaltigste biographische Quelle zu dem lediglich bei Fuchs knapp nachgewiesenen, jedoch trotz wiederholten Aufscheinens im Handel von Thieme/Becker, AKL etc. nicht verzeichneten Künstlers bildet.

References

Vgl. Fuchs (19. Jh.) III, K 77. F. Gatti, Geschichte des k. k. Bombardier-Corps (Wien, 1905), S. 382f.