7 eigenh. Briefe mit U.
Zusammen 6 SS. auf 13 Bll. Gr.-8vo.
€ 7,500.00
Freundschaftliche Korrespondenz mit Rebecka Dirichlet (1811-58), der Enkelin Moses Mendelssohns, Tochter von Abraham und Lea Mendelssohn (Bartholdy) und jüngeren Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel.
I: "Ich nehme Sie beim Worte, gnädige Frau! Wollen Sie es gütigst versuchen, ob die beifolgenden Blätter der Jahrbücher an Mstrs Sarah Austin billig zu befördern sind? [...] Sie sehen vielleicht einen Augenblick die beiden Bände der Mstrs Sarah an, die ich noch zu Hause habe. Im Thl. 2 S. 320 ist die schöne mündliche Mittheilung von Felix beigebracht. Für Frau Professorin Hensel lege ich andre gedruckte Bogen bei, worin meine Anzeige von Preuß Lebensgeschichte Friedrichs des Großen steht. Im Ganzen hoffe ich auf Beistimmung [...]" (9. IX. 1833). Die englische Schriftstellerin Sarah Austin (1793-1867) hat Pücklers "Briefe eines Verstorbenen" übersetzt (ersch. London 1832) und stand seit 1833 mit Varnhagen in Briefkontakt. Von ihrer dreibändigen Anthologie "Characteristics of Goethe" hatte Varnhagen vermutlich den ersten Band ausgeliehen. Seine Besprechung von Joh. D. E. Preuß' "Lebensgeschichte Friedrich des Großen" erschien in den "Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik" und als Wiederabdruck in seinem 1833 erschienenen Werk "Zur Geschichtsschreibung und Literatur".
II: "Ich freue mich, gnädige Frau, daß Ihr Absagebrief doch zugleich wieder ein Zusagebrief ist! Der Freitag ist mir sehr recht. Ich werde mich einfinden, und Ihrer Befehle gewärtig sein [...] Die Tutti frutti [von Pückler-Muskau] sind unvergessen: ich schäme mich der Verspätung, die ich doch nicht Macht habe ohne dringende Gewalt zu lösen! [...]" (11. III. 1834).
III: "Empfangen Sie den innigsten Dank für das willkommene Geschenk [wohl ein Autograph], für Ihr gütiges Gedächtniß! - Wenn es darauf ankommt, den Karakter aus der Handschrift zu erkennen, so giebt es nicht leicht eine die mehr Stoff anbietet, als die der unglücklichen Herzogin! [d. i. die von ihrem Ehemann ermordete Fanny de Choiseul-Praslin, 1780-1847] Ich bin zwar kein allzu sichrer Leser, allein eine gewisse vornehme Lässigkeit und Verwirrung glaub' ich doch herauszudeuten [...] Bei der Juli-Revolution [von 1830] waren wir täglich bei Ihnen, und tauschten Neuigkeiten und Betrachtungen. Ich fühlte das stärkste Verlangen, diese schöne Erinnerung jetzt, bei der Februar-Revolution [in Frankreich], zu erneuern! Es will mir nicht gelingen, seit vier Wochen leid' ich an Rheuma [...]" (11. III. 1848).
IV: Bezieht sich auf die gewaltsame Befreiung Gottfried Kinkels aus dem Spandauer Gefängnis am 6. November 1850 und dessen Flucht nach England, an der Rebecka Dirichlet und Varnhagen ideell beteiligt waren: "Hier überreiche ich Ihnen, Hochverehrteste, den verabredeten Brief - wie thut es mir wohl, wieder mit deutschen Lettern zu schreiben! - der hoffentlich seinen Zweck nicht verfehlen wird [...] Sie thäten doch vielleicht gut, der Frau Professorin [Johanna] Kinkel vertraulich zu sagen, daß Mrs. Grote [d. i. Harriet Grote, die Gattin des Historikers George Grote] eine Frau besonderer Art und nicht immer leicht zu behandeln ist. An Hrn. Chorley sollten Sie doch wohl einige Zeilen wenden, ich denke mir ihn wie unsre [Ludwig] Rellstab, [Theodor] Rötscher, [Friedrich Wilhelm] Gubitz, und daher für ein freundliches Wort sehr empfänglich. Die Adresse von Hrn. Richard Monckton Milnes, Dichter und Parlamentsmitglied, ist 26 Pall Mall, London, es wird nicht schwer sein, jemanden zu finden, der dort einführen kann [...]" (22. II. 1851). Das Haus von Milnes war ein Treffpunkt deutscher Schriftsteller und Emigranten in London.
V: "Hiebei erfolgt das gewünschte Blatt für Ihren Herrn Neffen, das er zur guten Stunde dem Dichter [d. i. Ludwig Uhland] abgeben möge, der unter äußerer Kälte die frischeste Wärme hegt, wie seine Poesien es herrlichst darthun. Weniger als Dichter, aber desto mehr als wunderlicher Kauz wäre vielleicht auch Justinus Kerner in Weinsberg Ihrem Neffen merkwürdig; auch er ist mein Jugendfreund, aber ich schreib' ihm nicht mehr, seitdem er in den letzten Jahren sich der rohen Unterdrückung schmeichelnd zu Füßen gelegt hat. Wenn aber Herr Hensel ihn sehen möchte, kann er nur geradezu in eignem Namen zu ihm gehen, er wird auf's beste von ihm aufgenommen werden. Trifft er den Sohn, Dr. Theobald Kerner, in Weinsberg, so möge er diesen herzlich von mir grüßen [...]" (4. X. 1851). Sebstian Hensel (1839-98) war das einzige Kind von Fanny und Wilhelm Hensel. 1851 bezog er die Landwirtschaftsschule in Hohenheim bei Stuttgart.
VI: "[...] Meine Nichte [d. i. Ludmilla Assing] bedauert mit mir ungemein, daß wir gestern Ihrer gütigen erfreuenden Einladung nicht folgen konnten, wir hoffen uns baldigst schadlos halten zu dürfen, und unser größter Gewinn ist mit Ihnen zu sein, der durch Nebengewinne nicht erhöht wird! [...]" (4. II. 1853).
VII: "Auf Ihre liebenswürdigen Zeilen [...] würde ich gleich gestern geantwortet haben, hätte ich nicht vorher mit Frln. Solmar Rücksprache nehmen müssen. Dies ist erst am Abend möglich gewesen. Wir kommen also morgen (Montag) [...]" (26. II. 1854). Mit Henriette (Jettchen) Solmar (1794 bis etwa 1890) verband das Ehepaar Varnhagen sowie seine Nichte eine lange Freundschaft.
Teils mit kleinen Randläsuren, insgesamt jedoch sehr gut erhalten. Varnhagens Briefe wurden 1869 in Marburg versteigert und zehn Jahre später erstmals von Konrad Feilchenfeldt im dritten Band der "Mendelssohn Studien" veröffentlicht sowie erschöpfend kommentiert (SS. 51-79).