Ramler, Karl Wilhelm, Dichter und Philosoph (1725-1798). Eigenh. Brief mit U.

Berlin, 22. IV. 1776.

3 SS. 4to.

 1,800.00

An einen schriftstellernden Freiherrn: "Das Geschenk Ihrer Freundschaft, hochgeehrtester Herr Baron, und die Erstlinge Ihrer satirischen Muse nehme ich mit dem freundschaftlichsten Herzen an, und bedaure nichts mehr, als daß ich, bey Dero Anwesenheit in Berlin, nicht das Vergnügen Ihres Umgangs genossen habe. Ich bin Ihrem damahligen Begleiter, der mich oft besuchte, deswegen noch einen Verweis schuldig. Da Sie in Ihrem Gedichte so viel vortreffliche und meisterhafte Züge angebracht haben, so würde mir es sehr leid seyn, wenn die künftigen Geschäffte Ihres Lebens sie verhindern sollten, noch ferner um den Preis der Dichtkunst zu kämpfen. Ist dieses aber Ihr Schicksal, so weiß ich noch ein Mittel, wie Sie sich mit den Musen beschäfftigen können, ohne den Zusammenhang Ihrer künftigen Amtsgeschäffte merklich zu unterbrechen. Uebersetzen Sie uns alsdann einen Griechen oder Römer. Einer unserer Berliner Buchhändler hat bey seinem vorigen Meßcatalogus einen Anhang von allen den Griechen u. Römern, die wir bereits, gut oder schlecht, seit vierzig Jahren besitzen. Hieraus werden Sie sehen, was uns noch fehlt. Des Apulejus milesisches Mährchen würde Ihnen ein leichtes Spielwerk seyn. Die Geschichte der Psyche (die das 3te bis 5te Buch ausmacht) finde ich in einer Wochenschrift, nehmlich in dem 2ten Theil des Zeitvertreibes für das schöne Geschlecht unter dem Titel Die belohnte Schönheit übersetzt. Vielleicht ist dieses nur eine Uebersetzung aus einer Uebersetzung. Wenn Sie sich lieber einen schweren Autor wählen wollen, wobey Sie Ihren schönen poetischen Ausdruck zeigen können: so ist es desto besser; und ich werde mich unendlich freuen, wenn ich durch meine Ermunterung Gelegenheit gegeben habe, daß Deutschland einen Alten mehr in seiner Sprache lesen kann.

Sie verlangen eine Handschrift von einer kleinen Ode, mein liebster Herr Baron? Hier haben Sie meine neusten alle, so wie ich sie zu einem zweyten Theil bestimmt hatte, ehe ich den Einfall bekam, sie unter die alten mit unter zu streuen. Fahren Sie fort mich zu lieben, und seyn Sie von meiner Gegenliebe und Hochachtung versichert [...]".

Einige Randeinrisse und etwas fleckig.

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