Rakowitza, Helene von, Schriftstellerin und Schauspielerin (1843-1911). Eigenh. Brief mit U.

Berlin, 1. VI. 1876.

5 SS. (Qu.-)8vo. Beiliegend Zeitungsartikel.

 180.00

An einen Theaterdirektor: "Herzlichst gefreut hat mich Ihr gestriger liebenswürdiger Brief! Sie wissen ja aus Erfahrung daß ich in Geschäftssachen ein recht nachlässiger Patron bin und überhaupt das Correspondieren nur bei den nöthigsten Gelegenheiten als eine wichtige angenehme Erfindung anerkenne! - Was nun Ihren diesmaligen Vorschlag anbelangt, so gestehe ich gern daß ich einerseits gar nicht abgeneigt wäre nach America zu gehen - aber - aber - es hat bei Aller Güte in der Welt seine zwei Seiten. Ich hatte, wie Sie vielleicht wissen, schon im vorigen Jahre einmal nach New York auf 36 Vorstellungen abgeschlossen, mit einer Minimal-Garantie von 10000 Dollars. Der damalige Contract, der aus privaten Gründen gelöst wurde, liegt vor mir, und würde ich, wie damals, auf einigen kleinen Bedingungen bestehen: 1tens freie Hin und Herreise von Bremen eventuell Hamburg, erste Kajüte, oberer Salon für 2 Personen auf ein Jahr gültig.

2tens Einen Vorschuss von 2000 Dollars, ausgezahlt von einem Berliner Bankhaus, einen Monat vor der Abreise und 3tens: Auf welche Weise wir uns nun auch einigen, ich würde nur ein Engagement als Gast auf die Saison eingehen.

Was die pecuniären Bedingungen angeht, so muß ich erst Herrn Director Neuendorff's Anerbieten hören, um zu wissen, was ich antworte […]".

Helene von Dönniges, Tochter des Historikers und Diplomaten Wilhelm Dönniges, war seit ihrer Jugend eng mit Ferdinand Lassalle befreundet, der von ihrem Verlobten, Fürst Racowitza, 1864 im Duell getötet wurde. Nach dem Tod Racowitzas, der nach nur fünfmonatiger Ehe verstarb, wurde sie in Berlin Schauspielerin. Ihren zweiten Ehemann, den Schauspieler Siegwart Friedmann, verließ sie 1873 nach fünfjähriger Ehe, wandte sich dem Theater zu und reiste 1877 mit ihrem dritten Gatten, dem russischen Sozialisten Serge von Schewitz, nach Amerika, wo sie neben der Theaterarbeit schriftstellerisch tätig wurde und sich mit theosophischen und medizinischen Studien befaßte. 1890 kehrte sie nach Europa zurück und lebte seit 1897 in München. In ihren Memoiren "Meine Beziehungen zu Lassalle" (1879) und Romanen spiegelt sich ihr wechselvolles Schicksal wieder, dem sie aus eigener Hand 1911 ein Ende setzte.

Auf Briefpapier mit gepr. Wappen.