Wagner, Cosima, Tochter Franz Liszts und zweite Gattin von Richard Wagner (1837-1930). Eigenh. Brief mit Unterschrift "C".

[Weimar, 26. II. 1861].

4 SS. auf Doppelblatt. 8vo.

 3,500.00

Bedeutender früher Brief an eine vertraute Berliner Freundin (Marie von Schleinitz?) über Bülows und Wagners Aktivitäten zur Vorbereitung der "Tannhäuser"-Premiere in Paris, die Wagners internationalen Durchbruch sichern sollte. Der Aufführungstermin sei nun "décidement demain 27 février" (sie wußte noch nicht, daß der Termin, wie bereits zuvor mehrfach, erneut kurzfristig verschoben worden war; tatsächlich fand die Premiere erst am 13. März statt). In den Proben seien die Diven, von denen man Probleme erwartet hätte, überraschend gefügig gewesen ("Les cantatrices si capricieuses d'ordinaire ont de fait bonne volonté pour Wagner"), während ausgerechnet Wagners große Hoffnung, der Startenor Albert Niemann (1831-1917), die Erwartungen nicht erfülle ("il parait que Niemann sur lequel on avait tant compté est le seul qui ne satisfasse que médianement, et ne remplisse l'attente qu'à moitié"). Hans [von Bülow, Cosimas damaliger Gatte] entfalte eine unvergleichliche Aktivität und kümmere sich neben seinen Dirigaten auch um wichtige Kontakte in Paris (u. a. bei einem Besuch des Herausgebers der "Revue Germanique", Charles Dollfus, und beim späteren Ministerpräsidenten Émile Ollivier). Bülow bemühte sich auch den von Wagner verehrten Altmeister Berlioz für jenen zu gewinnen, doch verblieb dieser in seiner kritischen Haltung gegenüber Wagners "Zukunftmusik" ("Il a vu aussi ou plutôt aperçu ce pauvre Berlioz qui abdique sa dignité et sa grandeur d'homme de génie pour faire cause commune avec les envieux et qui suscite à Wagner autant d'ennemis que possible"). Verdis neue Oper ("Un ballo in maschera", Pariser Erstaufführung im Théâtre-Italien am 13. I. 1861) habe Bülow gesehen und sei nicht begeistert gewesen ("Il a vue le nouvel opéra de Verdi dont il n'est pas enchanté"). Die Unterstützung ihres Vaters fehle Bülow in Paris, doch sei es Liszt leider nicht möglich, ohne weiteres abzureisen ("Mon père ne peut malheureusement pas quitter ainsi je crains bien qu'il ne manque Hans à Paris"). Liszt ertrinke in Arbeit ("il a la mer à boire") und dirigiere eine Reihe von Kindersonaten für die Fröbelbewegung ("tacte une série de Kindersonaten avec programme pour l'éducation Fröbel"). Cosima bittet ihre Freundin, ihr die Briefe von Friedrich Hebbel zu übersenden (- dessen Manuskript der "Nibelungen" sie damals einsah, nachdem sie zwei Jahre zuvor Hebbels Tragödie "Maria Magdalena" ins Französische übersetzt hatte), und teilt ihr mit, dass sich ihre Gesundheit etwas gebessert habe.

Liszt hatte seine kranke Tochter am 21. Februar 1861 zu sich auf die Altenburg nach Weimar gebracht. Der besorgte Vater befürchtete damals, daß er sie, wie zwei Jahre zuvor seinen Sohn Daniel, an die Schwindsucht verlieren würde. Die genesende Cosima begann im Folgejahr eine Beziehung mit Wagner, den sie 1870 ehelichte und dessen Erbe sie als Leiterin der Bayreuther Festspiele noch fast ein halbes Jahrhundert pflegen sollte. Die langersehnte "Tannhäuser"-Premiere in Paris geriet indes trotz langer und gründlicher Vorbereitung und trotz Protektion durch Napoleon III. zum Debakel und mußte nach lediglich drei Aufführungen abgesetzt werden.

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