Ulbricht, Walter, DDR-Staatsratsvorsitzender (1893-1973). Eigenh. Brief mit U. ("Dein Liebster").

[Moskau], 17. II. [1937].

4 SS. auf Doppelblatt. 8vo.

 4,500.00

Während der Jahre des Exils und antifaschistischen Kampfs an seine Geliebte und zukünftige Ehefrau Lotte Kühn (1903-2002), hier als "Mein liebster Junge!" tituliert: "Deine Sehnsucht hat Dich wieder einmal zu einem solchen Optimismus verleidet [!], daß Du annahmst es geht alles schneller. Ich bin überzeugt, daß Du trotzdem zufrieden bist wenn Du weißt, daß es zwar ein wenig länger geht, dafür aber immer ergebnisreicher.

Es wäre gut, wenn Du unseren Ideologen veranlassen könntest bis 1. März die Meinungen des Gegeners zusammenzustellen. Die Hauptrichtung der Fragestellung lese ich soeben in der Reichsausgabe der Frankfurter Zeitung No. 72-73. Sieh da mal unter diesem Gesichtswinkel die die [!] Berichte an. Inzwischen wirst Du Mimis Mutter gesprochen haben [die KP-Funktionärin Rosa Michel, d.i. Marie Wacziarg (1901-90), Mutter von Ulbrichts Tochter Rose, gen. Mimi (1931-95)], ihr Verhalten im Oktober war ein taktisch richtiger Schritt, da ihre Tätigkeit den veränderten Bedingungen angepaßt werden mußte. Es war aber nicht richtig von Versöhnung zu reden. Einigung wäre besser gewesen. Solche Terminologie bei ihr wie z. B. 'Volksgenosse' war selbstverständlich falsch. Jetzt erfahre ich von Korrespondenz in gew. Fragen. Ich glaube es wäre besser mit der Beantwortung solcher Briefe noch etwas zu warten. Wir sind erstaunt, daß trotz der Ausweisung des 'Geschäftsführers' Herr Groß noch nicht wieder eingetroffen ist. Es ist unverständlich warum Herr Dickert nicht energischer die sofortige Durchführung der Rückkehr veranlaßt.

Ich bin neugierig zu erfahren wie weit Du mit Deinen literarischen Studien gekommen bist. Ich höre Dich schon Puschkin rezitieren. Um etwas auszuspannen habe ich mir den Film 'Die Jugend des Dichters' angesehen. Leider ging mir viel durch das Faktum der Übersetzung verloren.

Zur Abwechslung habe ich hier an einigen Ruhetagen Robert betreut. Er wollte mich unbedingt zum Skispringen verleiden [!] was ihm aber nicht gelang. Dafür kam es zu einer heißen Schneeballschlacht als deren Ergebnis ein Gleichgewicht der Kräfte festgestellt werden mußte. - Am Abend habe ich dann die Bilder unserer schönsten Reise ausgekramt. Aber die Sehnsucht wurde dadurch nur noch stärker. Dabei habe ich auch einige liebe Bilder von Dir entdeckt. Fröhliche Gesichter und auch ein nachdenkliches Gesicht blickten mich da an. Beides war sehr erlebnissnahe. Bleib gesund und fröhlich. In heißer Liebe umarme ich Dich herzlichst [...] Küsse Mimilein-Klein".

Mit Falteinrissen und stellenweise in den Bugfalten berieben.

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