Die Jesuiten im Exil: Ordensgeschäfte zwischen Wien und Galizien

Löffler, Aloys, Jesuitenprovinzial von Galizien (fl. 1830er Jahre). 15 Briefe mit eigenh. U.

Tarnopol, 1823-1831.

Zusammen 23 SS. 4to. Zusammen mit der Abschrift einer geschäftlichen Notiz (1½ SS. 8vo.).

 850.00

Langjährige geschäftliche Korrespondenz mit dem Nö. Landschaftssekretär Philipp von Weber, der als Bevollmächtigter für die galizische Ordensprovinz der Jesuiten in Wien agierte. Seit der Aufhebung des Ordens durch Papst Clemens XIV. im Jahr 1773 gab es keine eigenständige Ordensprovinz in Österreich, was sich auch nach dessen Wiederherstellung 1814 zunächst nicht ändern sollte. Der galizischen Provinz kam in dieser Konstellation eine bedeutende Rolle zu, denn letztlich sollte sich aus ihr wieder eine eigenständige österreichische Provinz entwickeln.

Weber vertrat die Jesuiten in mehreren Erbschaftsangelegenheiten, wickelte aber auch Buchankäufe für Mitglieder des Ordens ab. Aus einem Brief vom 12. Juni geht hervor, dass der österreichische Politiker Josef von Penkler (1751-1830) die Jesuiten als Universalerben eingesetzt hatte. Allerdings trat der Orden, wie Löffler in einem späteren Brief unterstreicht, das überschuldete Erbe des Freiherrn nicht an: "Euer Wohlgeboren hatten die Güte, mir zu eröffnen, daß der selige verstorbene Herr Hofrath Freiherr von Penkler die Gesellschaft Jesu zum Universal-Erben seines Nachlasses eingesetzt habe. Da es für unsere Gesellschaft viel zweckmäßiger ist, diese Verlassenschaft auf keine Weise, weder unbedingt, noch cum beneficio legis & inventarii anzunehmen, so muß ich Euer Wohlgeboren ergebenst bitten, sogleich in meinem Namen bey Gericht die Erklärung abgeben zu wollen, daß ich diese der meiner Leitung unterstehende Ordensprovinz der Gesellschaft Jesu zugedachte Verlassenschaft nicht annehme" (6. VII. 1830). Allerdings überlegte Löffler, die neuen Erben um die Bücher des Verstorbenen zu bitten: "indem ich entweder durch Euer Wohlgeboren mündlich, oder selbst schriftlich den successor ab intestato zu bitten gedenke, ob der Gesellschaft Jesu als ein kleiner Schulden Ersatz wenigstens die Bücher des sel. B. Penklers, oder doch ein Theil derselben überlassen werden könnten. Euer Wohlgeboren verbinden mich, wenn Sie mir auch hierüber Ihre Meinung schreiben" (9. X. 1830). Wie ein Brief vom 25. Dezember des Jahres nahelegt, wurde diesem Wunsch entsprochen, und Löffler versucht, die Details zu klären. Am 28. Dezember 1831 bedankt er sich anlässlich seiner Pensionierung für die gute Zusammenarbeit und verabschiedet sich von Weber: "Da der liebe Gott von der Last meines Amtes mich befreyt, und der P. General den Hochw. P. Jakob Pierling bisherigen Rektor des Kollegium von Tarnopol zum Provinizial an statt meiner bestimmt hat, so halte ich es für meine Pflicht, Euerer Wohlgebohren innigst für alle Gutthaten, welche dieselben so vielfach erwiesen haben mir und der ganzen Provinz, zu danken, und zugleich herzlichst zu bitten, Euer Wohlgebohren wollen auch meinem Nachfolger, einem Mann, der in aller Hinsicht Schätzung verdient, eben so gütig sich bezeigen, wie ich ohne Verdienste es erhalten habe [...]". Der im Brief erwähnte Jakob Pierling (1784-1870) war ein deutschstämmiger Russe aus St. Petersburg. Katharina die Große hatte die Ordensauflösung in Russland nicht durchgesetzt, um das jesuitische Schulwesen aufrechtzuerhalten; Pierling unterrichtete bis zur 1820 von Alexander I. durchgesetzten Vertreibung des Ordens am Jesuitenkollegium in Polozk im heutigen Weißrussland. Nach seinem Aufstieg zum Provinzial in Galizien war Pierling maßgeblich an der Wiederherstellung der Jesuiten in Österreich beteiligt. 1843 wurde eine österreichisch-galizische Ordensprovinz errichtet, in der Pierling als Oberer von Österreich fungierte; 1846 konnte schließlich eine eigenständige österreichische, später österreichisch-ungarische Provinz etabliert werden, der er vorstand. Infolge der Märzrevolution wurden die Jesuiten 1848 neuerlich aus Österreich vertrieben, doch bereits 1852 stellte Franz Joseph die Gesellschaft Jesu in der gesamten Monarchie wieder her.

Drei Briefe mit tieferen Seiteneinrissen, ein Brief mit geringfügigem Ausriss. Teilweise minimal angeschmutzt. Insgesamt sehr gut erhalten.

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