Verbotenes unter wahrer, Unverbotenes unter falscher Flagge

[Gewey, Franz Karl] / Blumauer, Aloys. Komische Gedichte über die Vorstädte Wiens [...] von Aloys Blumauer.

[Wohl Wien, um bzw. bald nach 1812].

4 Teile in 2 Bdn. sowie 1 Bd. weiterer Gedichte. Dt. Handschrift auf Papier. (4), 81, (1); (2), 100 (recte: 104), (2) SS. 82; 122 SS. (2), 69 (statt 71), (3) SS. 8vo. Marmorierte Pappbände d. Zt. mit goldgepr. Rückenschildchen.

 350.00

Zeitgenössische Privatabschrift von Geweys populärer Wientopographie in Versform sowie eine Sammlung von Gedichten Blumauers. Mit dem vielzitierten Spottgedicht auf den Wienfluss, anspielend auf dessen Verschmutzung: "Was deine Nachbarn nicht im Hause dulten [!], / Das drängen sie dir schmählich auf, / Du wirst oft lästig, ohne dein Verschulden, / Und olivfärbig ist dein Lauf. / Zum Höllenflusse ganz dich umzustallten [!], / Vermaß sich dieser Frevler Lohn, / Du bist der Stix, der Phlegeton der Alten, / Ihr schwefelreicher Acheron [...]".

Geweys humoristische Gedichtsammlung erschien 1812 bei Geistinger in vier Heften; in Zusammenarbeit mit Carl Meisl veröffentlichte er 1824 die ergänzenden Hefte V und VI. Auf der Titelseite ist die Sammlung fälschlich Aloys Blumauer (1755-98) zugeschrieben, von dem nur die Gedichte im dritten Band tatsächlich stammen. Die Werke des Freimaurers und Aufklärers Blumauer waren zur Zeit der Anfertigung dieser Abschrift in sämtlichen habsburgischen Landen polizeilich verboten, weswegen eine Verbreitung in handschriftlicher Form nicht unüblich war. Umso mehr überrascht es, wenn hier auch die Gedichte des nicht verbotenen Gewey dem behördlich verpönten Blumauer zugeschrieben werden.

Aus dem 3. Band ein Blatt (SS. 69f.) herausgetrennt, daher von dem abschließenden Gedicht "Ich und Du" nur die letzte Strophe erhalten. Einbände berieben, an Ecken und Kanten stärker bestoßen. Papier stellenweise etwas gebräunt. Die Vorderspiegel mit handschriftlichen Bibliothekssignaturen des 19. Jahrhunderts.