Liszt, Franz, Komponist (1811-1886). Eigenh. Brief mit U. ("F. Liszt").

Weimar, 11. IV. 1854.

4 SS. auf Doppelblatt. 8vo.

 4,500.00

Wohl an den Musikschriftsteller und -verleger Bartholf Senff über die Illustrationen zu seinem Album "Années de pèlerinage" und über die Pianistin Wilhelmine Clauss (später Clauss-Szarvady): "Es thut mir sehr leid Sie nochmals mit der Krätzmerschen Titel Angelegenheit zu behelligen. Da die Herrn Schott in Mainz die Herausgabe meiner 'Années d Pelerinage' übernommen ersuchte ich dieselben, die Titel bei Krätzschmer zu bestellen. Schotts gingen freundlich auf meinen Vorschlag ein - Krätzschmer aber schreibt mir heute daß er sich nicht entschließen könne Ihnen die Lithographierung seiner Zeichnungen zu überlaßen. Erlauben Sie mir also Sie zu ersuchen, Krätzschmer zu persuadiren die Anfertigung der Titel noch zu übernehmen. Sollte jedoch Ihre Beredsamkeit nicht daß mir erwünschte Resultat herbeiführen so sind Sie wohl so freundlich und übergeben Krätzschmer die einliegenden 25 Thaler [...] Die grauen Haare führen mich als Contrast zu sehr schönen blonden, welche einer ganz liebenswürdigen und vorzüglichen Persönlichkeit in der leidigen Kunstwelt angehörig sind. Fräulein Clauß hat mir bei Ihrem neulichen Besuch, durch Ihr ganz bedeutsam emporwachsendes Talent eine wirkliche Freude bereitet, worüber ich Ihnen auch meinen Dank sage, da ich vermuthe, daß Sie, an der Weymarer Reise, nicht unbetheiligt sind. Ganz aufrichtig gesprochen. Warum begleiten Sie Fräulein Clauß nicht nach Rußland? Und noch kürzer und viel besser, warum tauscht Fräulein Clauß nicht Ihren monosyllabischen Nahmen (und diese Gattung von Nahmen ist nicht die schlechteste) gegen einen andren monosyllaben, mit S- angefangen und ff (fortissimo) zu beenden? [...] Im Laufe dieses Monathes komme ich nach Leipzig, wenn mir David die besprochene Gewandhaus Probe für ein paar meiner symphonischen Dichtungen gewähren kann worüber ich Ihnen nächstens schreiben werde. Vieuxtemps spielt hier nächsten Sonntag in einem Capellen Conzert wo sich auch Mme Pohl produzirt - Götze war unwohl so daß die angezeigte Lohengrin Vorstellung auf nächsten Montag verschoben ist [...]".

Der erste Jahrgang von Liszts "Années de pèlerinage" sollte tatsächlich im Jahr darauf bei Schott in Mainz erscheinen. "Schotts Edition von 1855 war verhältnismäßig luxuriös ausgestaltet, denn jedes Stück trug auf dem Titelblatt eine Lithographie von Robert Kretschmer, damals Zeichner der Leipziger Illustrirten Zeitung" (Calella, S. 211). Die Sammlung stellt eine Umarbeitung jenes "Album d'un voyageur" dar, das Liszt zwischen 1836 und 1842 bei verschiedenen europäischen Verlegern in drei Teilen veröffentlich hatte.

Wilhelmine Clauss war Liszt im Jahre 1850 erstmals begegnet, wo sie am Leipziger Gewandhaus konzertierte. Von ihrem Spiel ergriffen, wurde Liszt ihr Förderer und widmete ihr auch zwei Werke, die sie regelmäßig in ihren Konzerten spielte. Johanna Pohl (1824-70) war in Weimar Harfenistin der Großherzoglichen Hofkapelle und auf ihrem Instrument eine berühmte Virtuosin. Der unpässliche Götze war Franz Götze, der seit 1831 Mitglied der Weimarer Hofkapelle gewesen war und von 1836 bis 1852 als erster Tenorist an der dortigen Bühne wirkte.

Mit einer zeitgenössischen Notiz in rotem Farbstift von Senff, der festhält, dass die erwähnten 25 Taler "auf Liszt's Conto notirt" sind, und einer kleinen von späterer Hand stammenden Notiz zu Senff. Stellenweise leicht gelblich, insgesamt jedoch tadellos erhalten.

References

Michele Calella, Musik und imaginative Geographie: Franz Liszts Années de pèlerinage und die kulturelle Konstruktion der Schweiz. In: Die Musikforschung. 65.3 (2012), SS. 211-230.

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