Viertel, Berthold, Schriftsteller und Regisseur (1885-1953). Eigenh. Brief mit U.

Dresden, 6. XII. 1925.

1½ SS. Gr.-4to.

 400,00

An den Schriftsteller Alfred Golfar: "Da ich aus Ihrer letzten Mitteilung schließe, daß Sie mit der Absicht umgehen, ein neues Theater-Engagement zu suchen, benütze ich die Gelegenheit, Ihnen für Ihre liebevolle Mitarbeit zu danken.

Die Hilfsregie ist eine Arbeit, welche große Anforderungen stellt, aber vielleicht verhältnismäßig wenig Befriedigung gewährt. Sie verlangt soviel menschlichen und künstlerischen Takt, so viel unermüdliche Geduld, ein immer waches Ohr und Auge, Verständnis für fremde Eigenart und sich unterordnende Hingabe an die Sache. Das alles - einen Komplex seltener Tugenden - haben Sie in seltener Weise aufgebracht, lieber Herr Doktor! Sie sind nicht nur der Mitarbeiter, sondern der gütige Freund eines manchmal ungeduldigen Arbeiters gewesen. Sie hatten nicht nur ein williges Ohr, sondern auch ein künstlerisches Gehör! Sie hörten alles, fühlten alles und merkten sich alles, weil Sie es gefühlt hatten [...]".

Alfred Golfar, von dem zwar einige Werke jedoch keine Lebensdaten überliefert sind, war Lektor des E.-P.-Tal-Verlags in Wien und Mitarbeiter der Wochenschrift "Die Wage". Im Verlag Richard Lanyi veröffentlichte er "Rechenschaft!", in der Reihe "Das neue Gedicht" den Gedichtband "Not" (1919), bei E. P. Tal die Erzählung "Gier" (1920) und in der Reihe "Die Erzählung" die Erzählung "Der Niemand" (1922). 1922 übersiedelte Golfar nach Berlin und war Dramaturg und Direktionsstellvertreter bei den Hellmer-Bühnen (Lessing-, Trianon- und Kleines Theater); bei Kiepenheuer veröffentlichte er 1923 das Schauspiel "Hundsfott". Von 1931 an schrieb Golfar seine Werke in Gemeinschaft mit seiner Frau Grete, so etwa den Roman "Kampf um Heyme", der von den Leipziger Neuesten Nachrichten sowie von einer anderen deutschen Tageszeitung nachgedruckt wurde, und im Jahr darauf "Einer ist zuviel". Das mit großem Erfolg 1933 am Bremer Schauspielhaus aufgeführte historische Schauspiel "Roon und Bismarck" mußte auf Druck der neuen Machthaber trotz großen Publikumsinteresses und guter Kritiken abgesetzt werden, die Golfars selbst wurden mit Publikationsverbot belegt. Das Drama "Der Stärkere" erschien 1934 unter Pseudonym und wurde 1934 am Wiener Burgtheater (mit Werner Krauss in der Hauptrolle) und gleichzeitig am Nationaltheater in Prag zur Uraufführung gebracht. Eine geplante Tournee kam jedoch nicht zustande, da das Pseudonym gelüftet und das Ehepaar Golfar als Verfasser namhaft gemacht wurde. Über Golfars weiteren Berufs- und Lebensweg ist nichts bekannt; vgl. auch Kosch VI, s. v.

Stärkere Faltspuren, sonst gut erhalten.

Art.-Nr.: BN#21565 Schlagwort: