Gleim, Johann Wilhelm Ludwig, deutscher Dichter (1719-1803). 5 Pachtbriefe des Domkapitels Halberstadt mit eigenh. U.

Halberstadt, 1751-1798.

Sammlung von 5 Pachtbriefen von Schreiberhand mit Gleims eigenh. U. sowie einem Pachtbrief zwischen Gleim und Friedrich Heinen ohne Unterschriften. Zus. 37 SS. Beiliegend eine bis 1702 zurückreichende Sammlung von weiteren 28 Pachtbriefen des Domkapitels von Halberstadt (zus. ca. 140 SS.). Zumeist Stempelpapier; zahlreiche, teils papiergedeckte Siegel. Folio.

 1.500,00

Bemerkenswerte, ein knappes Jahrhundert umspannende Sammlung von Halberstädter Domstiftsarchivalien, vielfach aus der Zeit des Dichters Gleim als Domsekretär (Verwalter), davon fünf von Gleim selbst unterfertigt (drei außerdem von seinem Freund, dem Domdechanten E. L. Spiegel von Desenberg, gest. 1785, vgl. ADB XXXV, 146-149) und ein weiterer mit unmittelbarem Bezug zu Gleim. Durchgehend handelt es sich um Verträge des Domkapitels über die Verpachtung seiner Ländereien. Die Kontrakte sind gesiegelt und unterschrieben von den verschiedenen jeweils zuständigen Domdechanten.

Dem Maurermeister Böhm werden Äcker aus dem Besitz des Domkapitels auf 3 Jahre verpachtet (5 SS., Unterschriften des Domdechanten Bousch und des Domsekretärs Gleim, 18. VI. 1751), dem Halberstädter Bürger August Friedrich West 14 Morgen Acker auf 6 Jahre (4½ SS., Unterschriften Gleims und des Domdechants Ernst Ludwig Frhr. von Spiegel zum Desenberg, 16. Feb. 1773); der Ascherslebner Brauerwitwe Anna Rosina Fischer werden 12 Morgen Acker verpachtet (6 SS., Datum und Unterschriften wie zuletzt); der Witwe Margarethe Juliane Helmholz geb. Kemnitz und ihrem Neffen, dem Cand. iur. Friedrich Heinrich Gottlieb Kemnitz, wird der örtliche Zehnthof "nebst zubehöriger Huth- und Trift-Nutzung" auf 6 Jahre verpachtet (11 SS., Unterschriften wie zuletzt sowie der Pächter, 10. März 1781); dem Ascherslebener Christian Kothe wird die etwa 22 Schock betragende Ernte des "Seegenkorns" (Kümmel) auf 6 Jahre verpachtet (2 SS., Unterschriften Gleims und des Domdechants sowie Kothes, 3. Mai 1798). 1768 verpachtet Gleim als "Possessor" der Vikarie St. Petri und Pauli 30 Morgen Land auf 6 Jahre (7½ SS., 20. Feb. 1768, ohne Unterschriften).

Gleims Gedichtsammlung "Versuch in Scherzhaften Liedern" (1744f.) gilt als eines der bedeutendsten frühen Dokumente der deutschen Anakreontik. Seine "Romanzen" (1756) wirkten auf die Balladendichtung der Sturm-und-Drang-Generation; seine Fabeldichtungen sind bis heute in Schulbüchern zu finden. Überragende Bedeutung besitzt er bis heute als Mäzen, Sammler und Vertreter des Freundschaftskults seiner Zeit: als Gleim 1747 als Verwalter nach Halberstadt kam, schuf er hier, getragen von einer sozialethisch orientierten Freundschaftsidee, mit seinem Netzwerk schriftstellerischer Kommunikation neues ein literarisches Zentrum Deutschlands.

Interessantes Material zur Wirtschaftsgeschichte des Stiftes Halberstadt und und der zugehörigen Region im 18. Jahrhundert. "Der Geist, in dem das Stift geleitet wurde, blieb [...] bis zu Gleim's Tode im Jahre 1803 im wesentlichen unverändert. Man kann daher die ganze letzte Periode des 1807 aufgehobenen protestantischen Stiftes wohl die Gleim'sche nennen" (ADB XXXV, 149).

Art.-Nr.: BN#27847 Schlagwort: