Hesse, Hermann, Schriftsteller und Nobelpreisträger (1877-1962). Eigenh. Brief mit U. ("H. Hesse").

Basel, 25. II. 1924.

2 SS. auf Doppelblatt 8vo.

 5.500,00

Inhaltsreicher Brief an einen E. A. Schröder in Frankfurt a. M.: "[...] Ihre Gedichte sagen mir viel weniger als Ihr Brief; er ist es, nicht sie, der mich zu einer Antwort nötigt. Ich glaube nicht, daß Sie ein Dichter sind. Wenn es so ist, dann ist Ihr jetziges Dichten Vorstufe u. Ersatz für ein Stück seelischen Lebens u. Schaffens, dessen Art u. Sinn sich Ihnen zur Zeit noch nicht völlig zeigt. Die Frage Ihres Briefes, die ich als richtig u. brennend mitempfinde, ist die 'ob man der Stimme im Innern überhaupt folgen darf', d. h. ob alles, was wir Persönlichkeit nennen, nicht eitle Torheit sei. Diese Frage steht auch vor mir immer neu auf, ich habe sie im 'Demian' ganz anders beantwortet als im 'Siddharta'. Ich könnte z. B. die Frage auf Ihren Fall anwenden u. sagen: Das Höchste u. Wünschenwerteste, was Sie bestenfalls im Leben sich erwerben können, wäre die Heimkehr zu einer vertrauensvollen, frommen katholischen Gläubigkeit - aber mit dem Plus einer individualisierten, differenzierten, reiferen Seele, die Sie sich durch die Unruhe u. Qual des Zweifels u. der Revolution erworben u. erlitten haben [...]".

Art.-Nr.: BN#45616 Schlagwort: