Das Rezeptbuch der Magdalene von Hohenlohe

Nassau-Dillenburg, Magdalene von, Gräfin zu Hohenlohe-Weikersheim (1547-1633). Eigenhändiges Parfümerie- und Kosmetikbuch.

Wohl Weikersheim, um 1604.

Deutsche Handschrift auf Papier. 137 beschr. SS. auf 80 Bll. Geheftet. Folio (212 x 334 mm). Die ersten und letzten Bll. etwas fransig und fleckig, sonst sauber und wohlerhalten.

 12.500,00

Umfangreiches Kunstbuch einer süddeutschen Adeligen der Renaissance: eine Sammlung von Rezepten für alle Arten wohlriechender Pulver, Körner, Pastillen, Haar- und Bartöle, für duftenden Rauch und hygienische Handschuhtinkturen, verschiedenste Wässerchen, Seifen, Firnisse und Kerzen, aber auch mit reichem heilkundlichen und kosmetischen Material. Die Sammlung wurde in mehreren Schritten angelegt: ab dem 11. Textblatt umfasst ein in sich abgeschlossener Abschnitt von 32 Seiten allein 61 fortlaufend numerierte Rezepte, abgeschlossen mit "Finis" und einem Register; darauf folgt ein alphabetischer Zutatenkatalog ("Verzeichnuß der Materialen so zu disem beschriebenen Stückhen gebraucht werden"), der mit "Soli Deo Gloria" endet. Hieran schließen sich wiederum neue Rezepte an. Nach mehreren zur Fortsetzung freigelassenen Blättern findet sich endlich am Schluss ein eigener Abschnitt von 43 Seiten mit kosmetischen und gelegentlich medizinischen Rezepten. Diese betreffen insbesondere die Frauenmedizin ("für wehe brust so hitzig sein"; "Ein drankh zu bereidten, die mutter zu sterckhen und reinigen, auch zu erwermen, und welche die da auffsteigen, und ihre nattürliche zeitt und reinigung nicht habenn, es macht auch gewiß fruchtbar") bzw. die Erhaltung und Wiederherstellung der weiblichen Schönheit "über 30 oder 40 Jar", darunter Salben, Warzenmittel, Liebstöckel- und Gesichtswasser etc.

Unter den Zuträgern, auf die sich Magdalene beruft, finden sich der Bischof von Arras, Dr. Wilhelm Rascolon und der "alte Jude von Wandowa", aber vor allem weibliche Gewährsleute: die Kurfürstin Anna von Sachsen, Juliane von Nassau, die Landgräfin von Lichtenberg, die Herzoginnen von Neuburg und von Bernstein, die Damen von Arnberg und von Dietrichstein, die Hofmeisterin der Kaiserkinder etc. Nicht selten gibt die Kompilatorin an, von wem und wann sie ein Rezept gelernt hat: Als persönliche Lehrmeisterinnen werden angeführt "Frewlein Salome v. Öettingen" und "die Jung[frau] von Fleckhenstein", aber auch zahlreiche nahe Verwandte: "meine Frau Mutter von Hohenloe", "mein Schwester von Naßaw", "mein S. v. Waldenburg" (1603), "mein S. v. Haydeckh", "meine Schwester von Schwartzburg die Witwe" (1586), "mein Baaß Frewlein Juliana von Solms" etc. Als Probandin nennt sie einmal ihre kranke Tochter Maria Elisabeth von Hanau-Lichtenberg (1576-1605): "Wie man daß Capaunen waßer, meiner Dochter von Hanaw macht, so sie in der Kindbett, und jetzundt in ihrer Kranckheidt für ihren stettigen Drankh getrunkhen anno 1604. Kommt von der Mittelheußerin".

Magdalene von Nassau, seit 1567 Gräfin zu Hohenlohe, lebte ab 1587 zumeist auf Schloss Weikersheim, dem Stammsitz ihres kunstliebenden Gatten Wolfgang, der die alte Wasserburg ab 1595 zu einem prächtigen Renaissancepalast umbaute. Wolfgang von Hohenlohe interessierte sich für Alchemie und betrieb im Schloss ein eigenes Labor; seine Frau Magdalene wiederum, wie viele "hohe Frauen [..., die] sich mit Vorliebe und besonderem Geschick mit Arzneibereitung abgaben" (Schelenz, S. 444), leitete persönlich die Schlossapotheke. Sie war als großzügig und mildtätig bekannt und spendete Arzneien an Bedürftige, wie es bereits ihre ebenfalls medizinisch versierte Mutter Juliane Gräfin Stolberg getan hatte. Das Rezeptbuch der Juliane von Stolberg, verehel. Nassau-Dillenburg, befindet sich als Cod. Pal. germ. 554 in der Universitätsbibliothek Heidelberg; die vorliegende, deutlich umfangreichere Sammlung ihrer Tochter war bislang der Forschung unbekannt.

Art.-Nr.: BN#59219