"Versichern Sie meinen Herrn Censor, daß ich mich glücklich schätze, meine Thalia in solcher Kennerhand zu wissen"

Schiller, Friedrich, Dichter (1759-1805). Eigenh. Brief mit U.

Dresden, 23. XII. 1785.

2 SS. auf Doppelblatt. 8vo. Montiert auf das Vorsatzblatt von: Ders. Don Karlos Infant von Spanien. Leipzig, Georg Joachim Göschen, 1802. 432 SS. Mit gest. Frontispiz und 5 gest. Tafeln. Marmorierter Lederband der Zeit. Marmorvorsätze. 8vo.

 55.000,00

Schöner, früher Brief in Zensurangelegenheiten an seinen Verleger Georg Joachim Göschen: "Ich habe Ihren und meines Herrn Censors Wunsch erfüllt, liebster Freund, und sende Ihnen die verlangte Note. Diese, hoffe ich, wird den intoleranten Theil des Publikums zum Stillschweigen bringen. Haben Sie die Güte und versichern meinen Herrn Censor (dessen Nahmen ich mir in Ihrem nächsten Briefe ausbitte) daß ich mich glüklich schäze, meine Thalia in solcher Kennerhand zu wissen. Er hat den Gesichtspunkt, aus welchem meine 2 Gedichte betrachten [!] werden müssen, schnell und ganz verstanden, und wie wenige werden das! In Ansehung des Druks, mein Lieber, bitte ich Sie, diese neuen Gedichte nur um etwas weniges weiter auseinander sezen zu lassen, weil sie so besser in die Augen fallen. Das verlangte Buch nimmt Körner Anstand aus der B. auswärts zu verleihen. Ich würde es Ihnen sogleich verschaffen, wenn ich schon so bekannt mit den Hrn. Bibliothecarius wäre, daß sie mir Bücher nach Hauß zu nehmen erlaubten. Das Bewußte habe erhalten, und finde darin Ihre Freundschaft und brüderliche Theilnehmung aufs neue bestätigt. Leben Sie wohl, lieber Freund, und behalten Sie mich lieb. Unveränderlich der Ihrige Schiller. NB. Die Titel beider Gedichte habe ich auch in etwas geändert".

Schiller hatte wegen zweier für die "Thalia" vorgesehener Gedichte Zensurschwierigkeiten befürchtet, nämlich wegen "Freigeisterei der Leidenschaft" und "Resignation". Die Zensur Sachsens war als streng bekannt, und eine Aufführung der "Räuber" war in Leipzig untersagt worden. Der betreffende Zensor, der Leipziger Historiker Friedrich August Wilhelm Wenck (1741-1810), erwies sich indessen als "zugänglich und vernünftig. Er forderte, da ihnen von unwissenden und intoleranten Lesern eine unmoralische Tendenz untergeschoben werden könne, Göschen auf, eine schriftliche Erklärung vom Verfasser beizubringen, worin die Grundlosigkeit eines solchen Vorwurfes gezeigt würde. Schiller gab diesem Verlangen sofort nach" (V. Goschen, Das Leben G. J. Göschens [Leipzig, 1905] I, 91).

Aus der Sammlung des Kopenhagener Kritikers und Theaterdirektors Einar Christiansen (1861-1939) mit dessen Exlibris am vorderen Innendeckel.

Literatur

Schillers Briefe, hrsg. von Fritz Jonas. Bd. 1 (Stuttgart 1892), S. 276, Nr. 148. Trömel 169.

Kat.-Nr.: 15 Katalog: 38. Antiquaria Ludwigsburg Schlagwörter: ,