"Carl August hat das zeitliche mit dem ewigen verwechselt und Emilie hat geheirathet!"

Schiller, Ernst von, Landgerichtsrat (1796-1841), Sohn Friedrich Schillers. Eigenh. Brief mit U. ("Schiller") und einer ganzseitigen Kartenskizze.

Trier, 5. VIII. 1828.

8 SS. auf 4 Bll. (Brief) und 1 S. auf 1 Bl. (Skizze). Folio.

 3.500,00

Schillers dicht beschriebener und selten ausführlicher Brief an einen nicht genannten Freund entstand unter dem Eindruck des Umzugs nach Trier, wo der studierte Jurist 1828 eine Stelle am Landgericht Trier angetreten hatte. Den weitaus größten Raum des Briefes nimmt die Beschreibung der Umgebung Triers ein, die er in seiner Skizze auch sehr hübsch illustriert. "Von der Stadt schreibe ich also nicht; aber doch etwas von den Verhältnissen im Allgemeinen: Sie sind hier in der Art kleinstädtisch, daß man ohne aufzufallen, nicht isolirt und mit Wohl leben kann, sondern alle Honoratioren besuchen und von allen besucht werden muß; und der Honoratioren giebt es nicht wenig [...]".

Ein weiteres Thema ist die bevorstehende Hochzeit seiner Schwester Emilie: "Emilien's Verheirathung hat mich innigst erfreut, da ich den Gleichen von Kindheit an kenne und über die Rechtlichkeit seines Charakters die festeste Versicherung habe. Auch war die Mutter Gleichen eine erprobte Freundin unserer seligen Mutter, so daß auch diese sich überaus dieses Schicksals erfreut hätte, wäre sie so glücklich gewesen es zu erleben. Näheres ist mir von der Vermählung nicht bekannt; ich weiß nur von dem Anhalten u. dem Ja sagen, sodann erhielt ich von Fr. v. Wolzogen einen vom 27ten Juli datirten Brief, worin es heißt, daß die Trauung am nächsten Dienstag zu Etzelbach Statt finden werde. Richtigerweise muß ich also unterstellen, daß sie am 29ten Juli wirklich Statt gefunden hat. Solltest Du etwas genaueres wissen, so erzähle es mir. Veranlasse doch auch Blume, daß er mir etwas vom Process schreibt, ich höre, daß wir ihn in zweiter Instanz gewonnen hätten, was mir recht angenehm ist [...]".

Ein Vierteljahr sei seit dem letzten Brief des Freundes vergangen, "und wie mancherley hat sich seit dieser Zeit ereignet! Die Russen haben sich dem Balkan genähert, Carl August hat das zeitliche mit dem ewigen verwechselt und Emilie hat geheirathet! [...] Besonders gern aber möchte ich wissen unter welchen Auspicien Carl Friedrich den Thron bestiegen. Ich habe die Ueberzeugung, daß unter dieser Regierung wohl mancher Druck wegfallen wird, da der Großherzog ein leicht rührbares Herz im Busen trägt, und ihm überhaupt jede Härte fremd ist. Wie mag sich die äußere Einrichtung gestalten, wird die reg. Großherzogin die Gemächer der verwittweten beziehen? Wird die grün und gelbe Militäruniform, die gelb und rothe des Postillions geändert werden? Dürfte ein Ministerwechsel eintreten? Werden die Fonds steigen oder fallen? Ergreift vielleicht Fr. W. das Staatsruder? Ueber diese Dinge bitte ich mir einige Nachrichten aus; der Tod Carl August's hat mich allerdings frappirt, und ich hätte ihm gern noch ein längeres Leben gegönnt; ich gönne aber auch Carl Friedrich den Thron und habe ihn stets geschätzt resp. verehrt. Ich werde es auch fernehin thuen und um so eher es äußern als ich mir von Seiner Gnade nichts erbitten werde. Es lebe also Carl Friedrich I. Hurrah! […]".

Faltspuren, teils gering fleckig und verwischt; kleinere Randläsuren und -ausrisse ohne Textverlust.

Kat.-Nr.: 25 Katalog: 37. Antiquaria Ludwigsburg Schlagwort: