Erich Freys Sammelalbum

[Autographenalbum Frey]. Autographenalbum des Erich Frey mit eigenh. Portraitpostkarten, Briefen u. a. von 93 namhaften Künstlern, Komponisten, Schriftstellern, Politikern und Gelehrten, darunter August Bebel, Ernst Haeckel, Maximilian Harden, Franz von Lenbach, Max Liebermann, Franz von Liszt, Theodor Mommsen, Arthur Nikisch, Richard Strauss und Rudolf Virchow.

Verschiedene Orte, um bzw. nach 1900.

Steckkartenalbum mit 52 Bll. (die letzten entfernt). Halblederband der Zeit mit goldgepr. Deckeltitel und Monogramm. Folio.

 8.500,00

Das vorliegende Album stammt aus der Studienzeit des angehenden Juristen Erich Frey (1882-1964), der später zu einer der schillerndsten Figuren der Weimarer Republik werden sollte: ein Freund des bunten Berliner Nachtlebens, ein Dandy mit ausgeprägtem Hang zu den Randfiguren der Gesellschaft und ein versierter Strafverteidiger im großkarierten Mantel mit schwerem Pelzbesatz und einem Monokel, das er vor Gericht theatralisch auszuwerfen und einzusetzen verstand, wenn es darum ging, seine illustre Klientenschar zu verteidigen, darunter zahlreiche Mitglieder des marxistischen Spartakusbundes, Hochstapler und Einbrecher wie Karl Friedrich Bernotat (der keinen alten Druck und keine Erstausgabe seinen eigentlichen Besitzern gönnen wollte), die Schläger des Ringvereins "Immertreu", Serienmörder wie Friedrich Schumann und Carl Großmann, Deutschlands erste Nackttänzerin Lola Bach oder Paul Krantz, einer der Protagonisten der sog. "Steglitzer Schülertragödie".

Mit dem Verbrechen florierten auch Freys Geschäfte, die ihm u. a. ein Anwesen in der Villenkolonie Teltow-Seehof und eine exquisit ausgestattete Kanzlei in der Bellevuestraße 21/22 oberhalb des Café Josty eintrugen. Im Oktober 1933 ließ Frey, mittlerweile 54 Jahre alt und zum Protestantismus konvertierter Jude, all dies zurück, flüchtete nach der Warnung eines Kollegen, daß man im Begriff sei, ihn per Haftbefehl zu suchen, ohne noch einmal seine Wohnung aufzusuchen zum Anhalter Bahnhof und enteilte über Zürich nach Paris, wo er bis 1939 blieb. Seine beiden letzten Jahrzehnte verbrachte Frey in Santiago de Chile, wo er 1964 im Alter von 82 Jahren verstarb.

Die Verfasser der Briefe und (mehrheitlich nur signierten) Portraitpostkarten an den jungen Studenten in München und Berlin sind Richard Alexander, Rudolf Ander, Marie Barkany, August Bebel, Rudolf Berger, Rosa Bertens, Ferdinand Bonn, Bernhard von Bülow, Wilhelm Burmester, Nuscha Butze, Rudolf Christians, Felix Dahn, Emmy Destinn (2), Marie Dietrich, Konrad Dreher, Louise Dumont, Georg Engels, Geraldine Farrar, Ludwig Fulda, Ludwig Ganghofer, Willi Geiger, Teresina Gessner, Jenny Gross, Wilhelm Grüning, Max Halbe (2 Karten und 1 Visitenkarte, 2 Kuverts), Ernst Haeckel, Maximilian Harden (3), Thomas Theodor Heine, Emilie Herzog, Joseph Joachim, Gustav Kadelburg, Friederike Kierschner, Adolf Klein, Ludwig Knaus, Paul Knüpfer, Max Kretzer, Isidor Landau, Else Lehmann, Franz von Lenbach, Rita Léon, Julius Lieban, Max Liebermann, Paul Lindau, Franz von Liszt, Paul Meyerheim, Theodor Mommsen, Karl Muck, Arthur Nikisch, Robert Philipp, Max Pohl, Max Pollandt (Kabinettphotographie und Brief), Franceschina Prevosti, Emanuel Reicher, Marie Reisenhofer, Eugen Richter, Rudolf Rittner, Thaddäus Robl, Therese Rothauser, Marcell Salzer, Richard Schmidt-Cabanis, Gisela Schneider, Paul Singer, Kurt Sommer (2), Otto Sommerstorff, Adolf Rt. von Sonnenthal, Agnes Sorma, Friedrich Spielhagen, Curt Stern, Julius Stettenheim, Richard Strauss, Ludwig Thoma, Emil Thomas, Heinz Tovote, Albert Träger, Irene Triesch, Karl Uhlig, Rudolf Virchow, Siegfried Wagner (2), Harry Walden und Leonie Taliansky, Mia Werber, Charlotte Wiehe, Ernst von Wildenbruch, Marianne Wulf, Hermann Zumpe sowie eine nicht identifizierte Sängerin in einem Kostüm aus einer Wagner-Oper.

Bindung gelockert sowie etwas fleckig, lichtrandig und gebräunt; Kanten und Kapitale etwas angeplatzt bzw. bestoßen. Beiliegend einige Gedächtniskarten zum 200jährigen Bestehens des Königreichs Preußen, zu Goethes 150. Geburtstag, zur Letzten Christnacht des 19. Jahrhunderts u. a.