Der Frühling zieht ein

Schopenhauer, Adele, Scherenschnittkünstlerin und Schriftstellerin (1797-1849). Scherenschnittalbum zu Wilhelm Müllers Gedicht "Frühlingseinzug".

O. O., 19. I. 1826.

Sieben schwarze Scherenschnitte auf rosa Glanzpapier, jeweils einer Strophe des Gedichts aus der Hand Adele Schopenhauers gegenübergestellt. Im hinteren Einbanddeckel der Namenszug "A. Schopenhauer". Aufgezogen auf die Seiten eines hübschen roten Maroquinbändchens über zwei erhabenen Bünden; Decken mit blindgeprägter Bordüre und Goldfileten, goldgepr. fächerförmigen Eckstücken und Goldschnitt. Qu.-8vo (108:145 mm). Mit einigen Beilagen (s. u.).

Auf Anfrage

Das wohl letzte originale Scherenschnittalbum von Adele Schopenhauer in Privatbesitz; weitere bekannte Alben bzw. Scherenschnitte sind im Besitz der öffentlichen Hand (einige in der Klassik Stiftung Weimar, "Des Einsiedler's Traum" im Schopenhauer-Archiv der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main; die Scherenschnitte für Felix Mendelssohn Bartholdy werden in der Bodleian Library in Oxford aufbewahrt).

Die sieben Scherenschnitte zu den sieben Strophen des Gedichts zeigen 1) den ausziehenden Winter als wilden Mann mit Schlitten, 2) den Frühling in Gestalt eines geflügelten Jungen, der den Winter zum Tor hinausschubst, 3) ein Haus mit geöffneten Fenstern, Storch auf dem Dach und anklopfendem Frühling, 4) einen schwebenden Frühling, der seine Gehilfen (Putten und Elfen) um sich versammelt, 5) den Frühling, wie er auf Wolken über eine ländliche Szenerie geht und ins Horn bläst, 6) den Speere werfenden Ritter Sonnenschein und 7) ein verliebtes, von einem Strahlenbogen umgebenes Paar in ländlicher Umgebung.

Die Schwester des Philosophen war als Mädchen von Goethe an die Kunst des Scherenschnitts herangeführt worden und sollte schon bald eine vielbewunderte Fertigkeit an den Tag legen. Das vorliegende Büchlein dürfte Adele ihrer Danziger Freundin Julie Kleefeld (1798-1880), der Tochter des Regierungs- und Medizinalrats Johann Gottfried Kleefeld, geschenkt haben, notierte diese doch eigenhändig auf einem undatierten (hier beiliegenden) Zettelchen: "Frühlings-Einzug von W. Müller dazu die kleinen Bilder von Adele Schopenhauer in schwarzem Papier geschnitten, bestimme ich nebst dem von Göthe geschriebenen Zettelchen, der Frau Geheimräthin C. S. Abegg, geb. Abegg u. ihren Töchtern als Andenkens-Gruß. | Julie Kleefeld". Einer weiteren, hier in Kopie vorliegenden ms. Notiz von Walter Abegg zufolge war Goethes "Zettelchen" an das "liebe Adelgen" gerichtet, die es zusammen "mit dem Zettel […] zu Eröffnung des Berliner Theaters im Mai 1821" an "meine Ururgrossmutter Frau Geheimrätin Susanne Abegg" vererbt hatte, "von deren Enkelin es zu mir gelangt ist".

Zustand

Durchgehend etwas fleckig, insgesamt aber sauber und wohlerhalten; der Einband von jugendlicher Frische.

Kat.-Nr.: 23 Katalog: 38. Antiquaria Ludwigsburg