Luther/Melanchthon: Ein Brief gen Augsburg anlässlich der "Confessio Augustana" wird verkauft
Augsburg. Spätestens, seit sich Martin Luther 1518 nach seinem Augsburger Verhör durch Kardinal Cajetan nächtens der drohenden Verhaftung entzogen hatte, lief einiges auf seine Exkommunizierung durch den Papst und seine Achtung durch den Kaiser zu. So kam es ja dann auch 1521.
Somit konnte der Reformator unter anderem auch den Reichstag 1530 in Augsburg nicht besuchen, wo sich sein Gesinnungsgenosse und Freund Philipp Melanchthon um die Anerkennung des protestantischen Glaubens durch die Katholiken mühte. Luther hatte ihn und die gemeinsamen Mitstreiter für das Augsburger Bekenntnis, für die "Confessio Augustana", auf der Reise gen Augsburg bis nach Coburg begleitet, also bis zur südlichen Grenze des reformierten damaligen Sachsen.
Luther verblieb auf der Veste Coburg und stand seinen Freunden in Augsburg mit brieflichem Rat zur Seite. Vergeblich: Letztlich nahm die Spaltung der Kirche ihren Lauf, auch indem Kaiser Karl V. die "Confessio" zurückwies und eine Ausbreitung der Lehre verbot.
Mitten in den für die Protestanten enttäuschenden Verhandlungen schrieb Martin Luther am 15. September 1530 von Coburg aus einen Brief an Melanchthon in Augsburg, in dem er allem weiteren argumentativen Ringen Einhalt gebietet, also gleichsam ein Schlusswort spricht, und die Freunde lieber heute als morgen in Coburg wiedersehen möchte.
Luther, der zuvor Melanchthons Kompromiss-Neigungen mit Zweifeln begleitet hatte, schreibt eigenhändig auf Lateinisch an den Theologen und Humanisten: " ...wollte doch Gott, daß ich euch in der Kürze als Entwischte sehen könnte, wenn es nicht vergönnt ist, euch als Entlassene zu erwarten. Ihr habt genug und übergenug getan; nun ist die übrige Zeit da für den Herrn, der es mache, und er wird es tun ... Die elenden Leute haben schließlich diese letzte Ausflucht, dass sie in Gegenwart des Kaisers Spitzfindigkeiten erheben." Luther spielt an dieser Stelle vor allem auf die katholischen Theologen Faber und Eck an. Von des Letzteren und seinen "nichtigen Sophistereien" hatte Luther nun genug.
Im Spiel: das Antiquariat Kotte aus Roßhaupten
Dieser Brief Luthers ist ein bedeutendes historisches und kirchenpolitisches Schreiben. Und er soll gleichzeitig auch der Einzige unter den rund 80 erhaltenen Luther-Melanchthon-Briefen sein, der jemals in den Autographen-Handel gelangte. Jetzt nun wird das zweiseitig beschriebene Blatt Papier mit Siegelspur und Adresse auf der Ludwigsburger Messe "Antiquaria" (24. bis 26. Januar) von den Antiquariaten "Kotte Autographs" (Roßhaupten/Allgäu) und "Inlibris Gilhofer" (Wien) angeboten. Beide Händler haben die Luther-Handschrift aus kalifornischer Privathand erworben, nachdem sie noch in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts in prominentem deutschen Familienbesitz war, nämlich bei Heinrich von Hymmen, der während des Nationalsozialismus seine Burg Unterbach bei Düsseldorf der illegalen Bekennenden Gemeinde zur Verfügung gestellt hatte. Der Briefpreis kurz und bündig: 350 000 Euro.
Diese Höhe orientiert sich an einem anderen wichtigen Lutherbrief, den dieselben Antiquariate 2010 in eine texanische Sammlung verkauften: Luthers Vermächtnisbrief von 1518. Nun tritt ein Schreiben des Reformators den umgekehrten Weg an, gelangt also aus den USA nach Europa - und keine Frage ist es, wo es künftig sinnvollerweise aufbewahrt werden sollte: in Wittenberg oder in Augsburg, wo man sich allerdings gerade der Staats- und Stadtbibliothek in Richtung Freistaat entledigt hat.
Sein "Es ist genug" gen Augsburg und Melanchthon begründet Luther auch. Er schreibt mit den ihm eigenen biblischen Wendungen u. a.: "Ihr habt Christum bekannt, Frieden angeboten, dem Kaiser gehorcht, Beleidigungen ertragen, mit Lästerungen seid ihr gesättigt worden und habt nicht Böses mit Bösem vergolten: Summa, ihr habt das heilige Werk Gottes, wie es den Heiligen geziemt, in würdiger Weise gehandelt. Freuet euch auch endlich einmal des Herrn und seid fröhlich, ihr Gerechten, ihr seid lange genug in der Welt betrübt gewesen..."
Keine Pest in Wittenberg
Im Weiteren berichtet Luther, dass er in Coburg vom sächsischen Fürsten einen goldenen Ring geschenkt bekommen habe, der ihm allerdings zu groß gewesen sei. Luther: "... aber damit ich sähe, ich sei nicht dazu geboren, Gold zu tragen, ist er mir alsbald vom Daumen auf die Erde gefallen (denn er ist ein wenig zu lose und zu weit für meine Finger)."
Seinen langen Brief an Melanchthon schließt Luther mit einem Zusatz über die gemeinsame Heimat: "Von der Pest in Wittenberg mögest du nichts glauben. Es steht alles wohl, wie ihr aus den letzten Briefen ersehen habt."
Melanchthon & Luther
Noch bevor Philipp Melanchthon (1497-1560) im August 1518 den Lehrstuhl für Griechische Sprache an der Universität Wittenberg annahm, war er mit Luthers 95 Thesen vertraut — nämlich durch eine akademische Debatte in Heidelberg, die im April desselben Jahres großen Eindruck in ihm hinterlassen hatte. In deren Folge reiste Melanchthon mit Kollegen nach Wittenberg, um sich mit den Thesen noch intensiver zu befassen. Schnell wurde er dann sozusagen zum Publizisten der Reformation — mit den Bekenntnisschriften "Confessio Augustana", "Apologie der Augustana", "Tractatus de potestate papae" als Grundlagen.