Streit um wieder aufgetauchten Iffland-Nachlass

  • Hamburger Abendblatt
  • 9. Januar 2014
  • Esteban Engel

Von den Briefen und Manuskripten des Theaterdirektors fehlte jede Spur. Jetzt beschäftigen sich Anwälte mit diesem Schatz

Berlin/Ludwigsburg. Er war der wichtigste Theatermacher in Preußen: Für August Wilhelm Iffland (1759–1814) schrieben Goethe und Schiller einige ihrer wichtigsten Stücke, als Intendant beherrschte er die Szene in Berlin und Weimar. Jahrelang galt der Nachlass des legendären Schauspielers und Theaterdirektors als verschollen. Jetzt sind Tausende Briefe und Manuskripte Ifflands wieder aufgetaucht – im Katalog der Ludwigsburger Messe Antiquaria.

Um die Dokumente ist allerdings Streit ausgebrochen. Das Land Berlin hat Ende November 2013 Anzeige gegen einen Sammler eingereicht, der das Archiv einem Wiener Antiquariat angeboten hatte, wie der Sprecher der Kulturverwaltung, Günter Kolodziej, sagte. Es bestehe der Verdacht, dass der Verkäufer unrechtmäßig an den Iffland-Nachlass gekommen sei. Zuvor hatten mehrere Zeitungen über den Fall Iffland berichtet.

Nach Angaben der Berliner Kulturverwaltung sei mit der Anzeige zunächst verhindert worden, dass die wertvollen Dokumente weiterverkauft wurden. Die 34 Bände mit rund 6000 Briefen, Manuskripten und Besetzungslisten waren vom Wiener Antiquariat Inlibris für 450.000 Euro im Katalog der Messe Antiquaria unter dem Titel "Die Geburt des deutschen Nationaltheaters: Das bislang verschollene Korrespondenzarchiv Ifflands" angeboten worden.

Bisher sei das Angebot nicht zurückgezogen worden, wie Messeveranstalterin Petra Bewer sagte. Inlibris sei erstmals in Ludwigsburg vertreten. Ein Angebot mit 450.000 Euro habe es hier noch nie gegeben. Sollte es rechtliche Bedenken geben, werde es aber sicher nicht zur Messe kommen.

Inlibris hatte vom Berliner Sammler Hugo Fetting zahlreiche Dokumente zur Berliner Theatergeschichte, darunter auch den Iffland-Nachlass, erworben. Wie aus dem Briefwechsel zwischen der Senatskanzlei und der Inlibris-Anwältin hervorgeht, strebt das Land keinen Rechtsstreit um die Iffland-Akte an. Bevorzugt werde eine außergerichtliche Einigung.

Inlibris hat unterdessen die Iffland-Akte aus ihrem Angebot zurückgezogen, wie Antiquariats-Geschäftsführer Hugo Wetscherek bestätigte. Er habe die Dokumente einer Anwaltskanzlei bis zur Klärung der Eigentumsfrage übergeben. Wetscherek warf Berlins Senat vor, Druck gegen ihn aufzubauen. Es sei bekannt gewesen, dass Fetting, einstiger Mitarbeiter der Ost-Berliner Akademie der Künste, seine Sammlung zum Verkauf angeboten habe.

Inlibris hatte sich bereits im Oktober mit der Akademie der Künste über andere Teile der Sammlung Fetting geeinigt. Dabei gab das Wiener Antiquariat Dokumente zur Theatergeschichte zurück, aus denen hervorgeht, dass sie einst im Akademiebesitz waren. Es handelt sich dabei unter anderem um Bühnenbildentwürfe, Briefe und Gemälde, darunter von der Tänzerin Gret Palucca und der Schauspielerin Helene Weigel. Zu der Vereinbarung gehört ausdrücklich nicht die Iffland-Akte.

Wie der Nachlass Ifflands in den Besitz des einstigen Akademiemitarbeiters Fetting kam, ist bis heute ungeklärt. Nach einem Gutachten des Leiters des Archivs Darstellende Kunst der Akademie der Künste, Stephan Dörschel, habe Fetting jahrelang die Bände in seinem Arbeitszimmer aufbewahrt und "seine Finger drauf gehabt". Dies habe eine frühere Mitarbeiterin zu Protokoll gegeben.

Das Archiv war bis 1944 im Theatermuseum im Berliner Schloss untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Museumsbestände an die Berliner Staatsoper über. In einer von Fetting vorgenommenen Bestandsaufnahme aus dem Jahr tauchten die Iffland-Papiere 1967 nicht mehr auf, heißt es in dem Gutachten.