Doch nicht alles psychosomatisch

Alberti, Michael (praes.) / Behrisch, Christian Gottfried (resp.). Dissertatio inauguralis medica, de phantasiae usu, lusu et abusu in medicina.

Halle, Johann Christian Hendel, 1722.

(2), 38 SS. Geheftet. 4to.

 800,00

Einzige Ausgabe der seltenen Schrift. "[Zählt z]u den ersten Versuchen, die Einbildungskraft als Deutungsmacht aus der Medizin endgültig zu verdrängen [... Die Abhandlung] enthält zahlreiche Beispiele aus der medizinischen Literatur und eigene Beobachtungen, die Alberti gezielt einsetzt, um mit dem unsinnigen Gebrauch der Einbildungskraft in der Medizin gründlich abzurechnen. Mit vehementen Worten wettert er gegen die falschen Eingebungen, die von den vernünftigen nicht unterschieden werden [...] Mit viel Phantasie läßt dann Alberti auf der Bühne dieser Eingebungen allerlei medizinischen Behauptungen nacheinander auftreten, die vor Augen führen, wie mit kunstvoller Phantasie Nichtbewiesenes anstelle des Wirklichen konstruiert wird [...] Zur Bekräftigung seiner Ansicht führt Alberti die zahllosen medizinischen Theorien an, die mit Würmchen, Kügelchen, Häckchen, Bläschen, Nervenflüssigkeiten, Archaei, Verstopfungen, mechanischen Kräften, Chimären und ähnlichen Phantasmata ihre Theorien stützen" (Müller/Watzke, 103f.). Schon in Hufelands "Journal der practischen Heilkunde" (1829) heißt es: "Es sind jetzt 100 Jahre, dass man nicht allein auf die Heilkräfte der Natur [...], sondern auch recht eifrig auf den Einfluss der Einbildungskraft des Menschen aufmerksam machte. Wir haben aus jener Zeit eine grosse Anzahl von Schriften über diesen wirklich sehr bedeutenden Gegenstand. Es scheint aber, dass alle demselben damals gewidmete Aufmerksamkeit für die Heilkunst die Früchte nicht brachte, die man mit Recht davon hätte erwarten können, sondern sich bloß spielend allmählig in jenen bekannten Streit über das Versehen der Schwangern und über Muttermäler nutzlos concentrirte und da erlosch" (III, 103f.; unter beispielhafter Anführung der vorliegenden Schrift).

Etwas (braun-)fleckig; einige Marginalien der Zeit. Das letzte Bl. knittrig und mit Randläsuren (etwas Buchstabenverlust).

Literatur

Wellcome II, 23. I. Müller/Watzke, Gebrauch und Missbrauch der Einbildungskraft in der Medizin des 17. und 18. Jhs., in: R. Behrens (Hg.), Ordnungen des Imaginären. Theorien der Imagination in funktionsgeschichtlicher Sicht (Hamburg, 2002), S. 89 ff., hier: S. 103. Nicht bei Blake.

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