Wagner, Richard, Komponist (1813-1883). Eigenh. Brief mit U.

Dresden, 19. V. 1848.

2¾ SS. auf Doppelblatt. Gr.-4to. Mit eh. Adresse (Faltbrief).

 28.000,00

Wichtiger politischer Brief an Franz Jacob Wigard (1807-1885), den Abgeordneten aus Sachsen in der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt a. M. Wagner fordert in dem mit "patriotischer Sorge" verfaßten Brief den Abgeordneten auf, sich dafür einzusetzen, daß "das deutsche Parlament [...] beschließt: 1. Der bisherige deutsche Bundestag ist aufzuheben [womit die Nationalversammlung die einzige konstituierende Gewalt wäre] [...] 2. Sofortige Einführung der Volksverfassung nach dem uns bekannten Modus. 3. Schutz u. Trutz-Bündnis mit Frankreich [...] Der vierte Schritt sei nun: Die territoriale Frage der deutschen Staaten. Hat die Frankfurter Versammlung die Aufgabe, eine Deutschland einigende Verfassung zu Stande zu bringen, so muß sie zunächst die Hand an die Ungleichheit der deutschen Binnenstaaten legen: sie muß eine Commission niedersetzen, welche nach dem Grundsatz, Staaten unter 3 u. über 6 Millionen Bevölkerung nicht mehr zuzulassen, eine vernünftige u. naturgemäße Herstellung des deutschen Staatenbestandes in Vorschlag bringen soll [...]". Danach "hängt es von dem Benehmen der Fürsten ab, welches Los sie sich bereiten wollen; beginnen sie feindselig [...] so sind sie sammt und sonders in Anklagezustand zu versetzen [...] Könnten Sie [...] in diesem Sinne die Versammlung leiten, so wäre Ihr Verdienst unsterblich [...]".

Als im Februar 1848 in Paris die Revolution ausbrach und in Wien und Berlin gekämpft wurde, war Wagner noch ganz mit der Lohengrin-Partitur beschäftigt, die er am 28. April abschließen sollte. Unmittelbar darauf reichte er einen "Entwurf zur Organisation eines deutschen Nationaltheaters für das Königreich Sachsen" an das Ministerium ein und verfaßte auch im Mai ein umfangreiches Gedicht 'Gruß aus Sachsen an die Wiener". Der Anlaß zur Darlegung seiner politischen Ideen in vorliegendem Brief war das Zusammentreten der Nationalversammlung am 18. Mai in Frankfurt.

Franz Jacob Wigard, Stenograph und später Arzt, war 1845 aufgrund seines politischen Wirkens seiner Professur für Stenographie in Dresden enthoben worden; 1848/49 war er als abgeordneter für Dresden Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und gehörte dem Ausschuß zum Entwurf der Reichsverfassung an.

Abgedruckt nach einem Zeitungsausschnitt und ohne Verweis auf das Originnal in: R. W.: Sämtliche Briefe, II, Nr. 256.

Leicht angestaubt und mit einigen fachmännisch ausgebesserten Einrissen.

Art.-Nr.: BN#31423 Schlagwort: