Rainer Ferdinand, Erzherzog v. Österreich (1827-1913). Ansicht der Stadt Jerusalem.

O. O., 1844.

Bleistift und Deckweiß auf braunem Papier, links unten eigenh. signiert "Rainer | May 1844", rechts eh. bezeichnet "Jerusalem gesehen vom Tempel des Salomon". Unter Passepartout montiert. Ca. 280:180 mm.

 2.500,00

Zeigt die Südwestecke des Tempelbergs (mit Felsendom, Al-Aksa-Moschee und dem angedeuteten, eben erst 1838 wiederentdeckten Robinsonsbogen). Erzherzog Rainer, eine "der hervorragendsten Gestalten der Regierungszeit Kaiser Franz Josefs" (O. Redlich, in: Biogr. Jb. u. dt. Nekrolog XVIII, zit. nach DBA II 1040, 150f.), war auch ein talentierter Landschaftsmaler und Lithograph (vgl. Fuchs II, 37). Obwohl er 1861-65 als erster konstitutioneller Ministerpräsident Österreichs auch politische Funktionen ausübte, galt doch sein besonderes Interesse zeitlebens den Wissenschaften und Künsten. Ehrenmitglied der k. k. Akademie der Wissenschaften sowie vielseitig begabt und interessiert, war er eine der profiliertesten Sammlerpersönlichkeiten des Hauses Habsburg: Seine Wiener Bibliothek umfaßte über 40.000 Bände (zusätzlich zu der ererbten auf Schloß Hernstein), und die von ihm erworbene Papyrussammlung "El Fayum" gilt mit ihren 180.000 Papyri als die bedeutendste überhaupt. Heute in der Österreichischen Nationalbibliothek beherbergt, führt die UNESCO "this treasure as the greatest of its kind in the world" (Unesco, Memory of the world, Nominated Documentary Heritage).

Rainer, Sohn des Bruders von Kaiser Franz, verlebte seine "Jugend [...] geleitet und angeregt von den für alles Schöne empfänglichen Eltern und von vortrefflichen Lehrern" (Redlich). Ob sich unter den letztgenannten, den bildnerischen Erziehern Erzherzog Rainers, einer der großen Kammermaler seiner Zeit befand, die ja gerade in der ersten Jahrhunderthälfte nachweislich zur Zeichenausbildung der jungen Erzherzöge herangezogen wurden, muß vorläufig offenbleiben. Das Heilige Land stellte jedoch keine unübliche Station für die Wiener Kammermaler der Zeit dar: Eduard Gurk war dort 1841 gar auf der Studienreise gestorben.

Die Qualität des Blatts übertrifft schon klar jene von Rainers überlieferten Schülerzeichnungen (zwei von 1839 nachgewiesen: ÖNB, Bildarchiv und Fideikommissbibliothek, PK 3050 2 bzw. 3). Die gereifte Begabung des 1844 erst 17jährigen Erzherzogs wird vor allem im direkten Vergleich mit Werken von anderen, teils ebenfalls in der Landschaftsmalerei dilettierenden Mitgliedern des Kaiserhauses (vgl. die sog. Dilettantenkassetten der Albertina) deutlich.