Schmerling, Anton von, Staatsmann (1805-1893). 2 eigenh. Briefe mit U.

O. O., 11. III. bzw. 4. IX. 1864.

2 SS. auf Doppelblättern. 8vo.

 300,00

An einen namentlich nicht genannten Adressaten: “S. E. Baron Pratobevera und Gräfin Bacquehem haben mich gebethen, die Angelegenheit wegen Zulassung ihrer Angehörigen in die Rechtspraxis zu betreiben. Die jungen Leute verlieren Zeit und alle ihre Kameraden kommen ihnen vor [...]” (Br. v. 4. IX. 1864). Im Brief vom 11. März erlaubt sich Schmerling um Einberufung einer Kommissionssitzung “zur Berathung des Gesetzentwurfs ‘wegen Errichtung von Gewerbgerichten’ anzufragen”.

Der promovierte Jurist war 1848 Organisator der Nationalgarde in Wien, Abgeordneter zur deutschen Nationalversammlung in Frankfurt und wurde vom Reichsverweser Erzherzog Johann zum Reichsminister für Inneres, dann zum Ministerpräsidenten und schließlich zum Außenminister ernannt, mußte jedoch als Vorreiter des großdeutschen Programms im Dezember 1848 zurücktreten. Anschließend als Justizminister tätig, legte er in der Zeit des verschärften Neoabsolutismus 1851 sein Amt nieder und wurde Senatspräsident beim Obersten Gerichtshof, später Präsident des Oberlandesgerichts in Wien. Als Staatsminister (1860-65) hatte er großen Anteil an der Ausarbeitung der zentralistisch-liberalen Verfassung und suchte den Vorsitz Österreichs im Deutschen Bund zu erhalten, was jedoch an Bismarcks aggressiver Opposition scheiterte, weswegen Kaiser Franz Joseph I. ihn schlußends dieses Amtes enthob. In die Zeit seiner Tätigkeit fiel das Protestantengesetz (1861), ein Gesetz über den Schutz einiger Grundrechte (1862), der Frankfurter Fürstentag (1863) und die Beteiligung Österreichs am Deutsch-Dänischen Krieg (1864). Seit 1867 Mitglied des Herrenhauses, wurde Schmerling 1871 zu dessen Präsidenten gewählt. Vgl. Öst. Lex. II, 353 und Czeike V, 106f.

Adolf Frh. Pratobevera von Wiesborn (1806-1875), seit 1851 Rat am Obersten Gerichtshof, war 1861 und 1867 niederösterreichischer Landtagsabgeordneter und Reichsratsabgeordneter der Liberalen Partei, 1861/62 Justizminister und später Landmarschall von Niederösterreich sowie lebenslängliches Mitglied des Herrenhauses. Seine Gattin war die Sachbuchautorin Katharina Pratobevera (1818-1897), deren 1858 erschienene Rezeptsammlung ‘Die süddeutsche Küche’ mehrere Jahrzehnte lang das verbreitetste Kochbuch des süddeutschen Raums war; die 1873 erschienene ‘Haushaltskunde’ gilt als “erstes in Österreich erschienenes, großes derartiges Werk, das alle häuslichen Arbeitsgebiete umfassend darstellte” (DBE). Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit gründete sie den Verein Grazer Volksküche, eine Mädchenarbeiterschule und mehrere Kindergärten.

Auf Briefpapier mit gepr. Monogramm.

Art.-Nr.: BN#4641 Schlagwort: