Wolzogen, Karoline von, Schriftstellerin (1763-1847). Eigenh. Brief mit U.

Jena, 10. X. 1837.

3 SS. auf Doppelblatt. 4to. Mit eh. Adresse (Faltbrief) und Siegelrest.

 1.500,00

An die Geheime Staatsräthin Frau Körner: "Meine theure Freundin, die gute Justizräthin Krause, deren Bekanntschaft mir sehr angenehm war, denn sie ist eine sehr gebildete u. reelle Frau, wird Ihnen diese Zeilen zubringen. Recht schmerzlich fühle ich auch den Tod meiner lieben Caroline Humboldt, da sie mich mit Nachrichten von meinen Freunden, u. besonders mit Ihnen immer so treu en rapport hielt. Die [?] Hedemann wollte die Correspondenz erhalten, aber sie schreibt mir nicht, u. die gute Seele hat wohl mit Mann u. der Bülowschen Familie viel zu thun. Sehr besorgt war ich um Sie, in der Cholerazeit die sich doch nun zu entfernen scheint. Mein guter Hofrath Hufeland tröstete mich mit dem Gedanken, daß die böse Seuche meist die alten Plätze wieder aufsuche, u. da Sie, früher verschont blieben durfte ich hoffen Gott würde Sie auch in diesem Jahr schützen. Ob ich gleich den Tod als neuen tröstenden Freund ansehe, so stürbe ich doch nicht gern an dieser Krankheit. Dies stöhrte auch meine Reiseprojekte u. allerhand anderer Einrichtungen u. ich lebte in meinem stillen Thal. Im nächsten Jahr wenn ich's erlebe denke ich dann sehr ins Weite. Nichts bindet mich mehr. Mein Gut habe ich verkauft. Das Hauß, an dem der Garten mit meines Adolfs Grabe liegt, habe ich nach seiner Gesinnung um zuerst für die Erziehung der Kinder zu sorgen, dem Dorf zur Schule gespendet. So werden heitre Kinder die Blumen von dem geliebten Grab pflücken, neben dem auch ich ruhen werde. Mir ist oft als gienge mich nichts mehr an als dies, aber der Antheil an allem Guten u. Großen u. vielen lieben Menschen regt sich so lange das Herz schlägt. Sie meine Theure verstehen diesen Zustand - ach wir tragen ja gemeinsamen Schmerz! […] Mit Cotta ist noch nichts geschehen, da ich dachte Schillers Statue in Stuttgart würde noch in diesem Jahr errichtet werden […] Doch liegen Ihre Briefe Schillers nur mit Ihrer Adresse im Fall meines Todes. Das Unwesen mit den Briefen wird immer unerträglicher […]".

Schon früh war das Interesse der Schwestern Caroline und Charlotte Lengefeld am literarischen Leben ihrer Zeit geweckt. Enge Verbindungen bestanden zum Musenhof der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach in Weimar, zu Johann Caspar Lavater und zu Caroline von Dacheröden (Wilhelm von Humboldts späterer Frau) wie auch zu Friedrich Schiller, mit dem die Familie eng befreundet war und den Charlotte im Jahr 1790 heiratete. Mit seiner Schwägerin Caroline verband Schiller bis zu seinem Tod eine intensive freundschaftliche, durch die gemeinsamen literarischen Interessen geförderte Beziehung. Nachdem ihre Ehe mit von dem Geheimen Legationsrat und Kanzler Friedrich Wilhelm Ludwig von Beulwitz (1755-1829) im Jahr 1794 geschieden worden war, heiratete Caroline von Lengefeld noch im gleichen Jahr den Legationsrat Wilhelm von Wolzogen (1762-1809). Nach mehreren Schicksalsschlägen - dem Tod Schillers (1805), ihres Mannes (1809), ihrer Schwester und ihres einzigen Sohnes Adolf (1825) - zog sich Caroline von Wolzogen aus dem gesellschaftlichen Leben Weimars zurück. Ab 1825 wohnte sie in Jena und führte bis zu ihrem Tod im Jahr 1847 ein einsames, von schwärmerischer Religiosität geprägtes Leben.

Art.-Nr.: BN#38455 Schlagwörter: ,