Schriftstücke von historischer Bedeutung und großem materiellen Wert: Ein 90-Jähriger will mehr als 6000 Papiere der Theatergröße August Wilhelm Iffland auf einem Trümmerberg gefunden haben. Doch auch Berlin beansprucht die Bände für sich.
Berlin - Auf einmal waren sind sie wieder da, mehr als 6000 Schriftstücke des wichtigsten Theatermachers in Preußen, August Wilhelm Iffland. Die Sammlung umfasst nicht nur seine Korrespondenz, darunter ein Brief an Goethe, sondern auch Manuskripte und andere Papiere. Nach dem Zweiten Weltkrieg galten sie lange als verschollen - zuletzt aber sorgte ein Eintrag im Katalog der Ludwigsburger Antiquariatsmesse Antiquaria für Aufmerksamkeit: Dort sollte das Konvolut für fast eine halbe Million Euro angeboten werden.
Ifflands Nachlass sei ein "Kulturgut von Rang", das die Berliner Theatergeschichte abbilde, sagt Günter Kolodziej, Sprecher des Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz zu SPIEGEL ONLINE. Doch darüber, wem die Schriftstücke rechtmäßig gehören, gibt es noch keine abschließende Einigung.
Geboren wurde Iffland im Jahr 1759. Er feierte unter anderem als Franz Moor in der Mannheimer Uraufführung von Schillers "Räubern" als Schauspieler Erfolge. Von 1796 bis zu seinem Tode 1814 leitete er das Nationaltheater in Berlin. Unter ihm stieg das Haus zu einer der wichtigsten Bühnen des deutschen Sprachraums auf. Der sogenannte Iffland-Ring wird heute noch dem jeweils "bedeutendsten und würdigsten" Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters auf Lebenszeit verliehen. Derzeit ist es Bruno Ganz.
Ifflands Korrespondenz ging 1929 vom Archiv des Preußischen Staatstheaters an das Berliner Theatermuseum. Das war bis 1944 im Berliner Schloss untergebracht; erst kurz vor der Zerstörung des Baus wurden die Schriften daraus in Sicherheit gebracht, wohin ist nicht bekannt.
In den Trümmern der ehemaligen Generalintendanz
In den fünfziger Jahren will der Theatergeschichtler Hugo Fetting, ein ehemaliger Mitarbeiter der Akademie der Künste der DDR, zufällig an das Konvolut gelangt sein. Dem "Tagesspiegel" sagte der heute 90-Jährige, er habe die Schriften im Sommer 1953 in den Trümmern der ehemaligen Generalintendanz der Preußischen Staatstheater gefunden und nach Hause genommen: "Ich fühle mich völlig im Recht als Finder und Eigentümer, nachdem sich über 50 Jahre niemand gemeldet hat".
Mehrfach soll er versucht haben, das Konvolut zu verkaufen, fand aber mit städtischen Institutionen keine Einigung. 2012 schließlich veräußerte er die Iffland-Korrespondenz an ein Wiener Antiquariat Inlibris. Dort kamen kurz darauf aber Zweifel daran auf, dass Fetting rechtmäßiger Besitzer war, weshalb die Akademie der Künste kontaktiert wurde. Die aber konnte nicht nachweisen, dass der Iffland-Nachlass ihr gehörte. Antiquariat und Akademie schlossen eine schriftliche Vereinbarung, wonach die Berliner Institution auf die Besitzansprüche verzichtet. Ob der Passus juristisch belastbar ist, darüber herrscht zwischen den beiden Parteien mittlerweile aber Uneinigkeit.
Ende des Jahres 2013 dann schaltete sich auch das Bundesland Berlin ein und erstattete Strafanzeige gegen Fetting. Mit dem Antiquariat sei damals auch schon abgesprochen worden, dass die Schriften nicht auf der Ludwigsburger Buchmesse Antiquaria verkauft werden. Da der Katalog aber schon vorher angefertigt worden sei, werde das Konvolut dort noch für einen Preis von 450.000 Euro aufgeführt, so Senatssprecher Kolodziej.
De facto sei eine Zurücknahme des Angebots, anders als in mehreren Medien berichtet wurde, schon vor Monaten vereinbart worden, wie auch Inlibris-Geschäftsführer Hugo Wetscherek bestätigt. Kolodziej zeigt sich trotzdem zuversichtlich, dass der Iffland-Nachlass wieder nach Berlin zurückgeholt werden könne. Wie wollte er hingegen nicht sagen. Für Wetscherek hingegen steht fest: "Eine außergerichtliche Einigung besteht nur darin, dass der Kaufpreis bezahlt wird."