Schmidt, Leopold, Philologe (1824-1892). Eigenh. Brief mit U.

Marburg, 25. III. 1879.

1½ SS. auf Doppelblatt. Gr.-8vo.

 100.00

An einen namentlich nicht genannten Adressaten über eine Meinungsverschiedenheit "hinsichtlich der achten pythischen Ode": "Ich verkenne nicht das Gewicht des Grundes, den Sie von der Betonung der [Hybris] in diesem Gedichte hernehmen, allein ich kann ihn nicht als allein maßgebend ansehen, weil ich immer davon ausgehe, daß wir die bei Pindar berührten historischen Verhältnisse aus den uns sonst zugänglichen Quellen nur in den allerallgemeinsten Umrissen kennen, so daß das daher Geschöpfte am wenigsten die Handhaben bietet um uns in das zu versetzen, was dem Gefühle des Zeitgenossen darin als charakteristisch entgegentrat. Auf der andern Seite steht für mich der bestimmte Eindruck, daß die achte pythische Ode das Werk eines Greises und daß ein sechszigjähriger [!] Pindar für ihren Verfasser noch zu jung ist. Bei diesem Eindruck wirkt nicht bloß das gemütlich resignirte Herabschauen auf das menschliche Treiben in der Schlußpartie, sondern namentlich auch der starke Ausdruck des Gefühls der persönlichen Vaterfreude in V. 56-69, denn ich gestehe, daß meine Auslegung dieser Verse zu dem gehört, was ich am wenigsten preisgeben möchte [...]".

Leopold Schmidt war Professor für Klassische Philologie in Bonn und seit 1863 in Marburg, wo er bis zu seinem Tod wirkte. Der Fachwelt bekannt wurde er vor allem durch seine "Ethik der alten Griechen" (Berlin 1882). "Nachdem er im akademischen Jahr 1882/1883 das Rektorat der Universität bekleidet hatte, widmete sich Schmidt seinem letzten großen Projekt: Einer umfassenden Geschichte der Ethik, die von Platon und Aristoteles ausgehend bis in die Neuzeit reichen sollte. Das Werk kam allerdings nicht über die Anfänge hinaus, da Schmidt schon nach wenigen Jahren von einem Influenzaanfall stark geschwächt wurde. Seine Zusage an Georg Wissowa, für die Neubearbeitung der 'Paulyschen Realencyclopädie' Artikel zur griechischen Literaturgeschichte beizusteuern, konnte er nicht mehr einhalten: Noch vor der Drucklegung des ersten Teilbandes starb er im 68. Lebensjahr. Sein einziger Artikel im Pauly-Wissowa behandelte die Griechische Anthologie und wurde von Richard Reitzenstein revidiert" (Wikipedia).

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