Aus dem Todesjahr

Freud, Sigmund, Mediziner und Begründer der Psychoanalyse (1856-1939). Eigenh. Brief mit U. ("Sigm. Freud").

Wohl London, 11. III. 1939.

1½ SS. 8vo.

 12,500.00

An einen "hochgeehrten Herrn Doktor" über die gesundheitlich bedingte Unmöglichkeit, eine Besprechung zu verfassen: "Ein Unternehmen wie das, von dem Sie berichten, hat natürlich Anspruch auf mein stärkstes Interesse. Wenn Sie meinen, daß eine Besprechung darüber mit mir wünschenswert ist, müßte ich zu Ihrer Verfügung sein. Es trifft sich aber daß ich jetzt leidend u. nicht einmal Herr meiner Zeit bin, da ich eine ebenso anspruchsvolle wie ermüdende Behandlung unternommen habe (Röntgenbestra[h]lungen). Ich getraue mich also nicht Ihnen jetzt einen Zeitpunkt für Ihren freundlichen Besuch anzugeben. Sollten Sie später Ihre Absicht wieder aufnehmen, so bin ich dann vielleicht in der Lage, Sie bei mir zu sehen [...]".

Freud war bereits 1923 nach seiner Gaumenoperation mit Röntgenstrahlen behandelt worden, weitere Behandlungen folgten 1930, 1931 und 1934. Ab Februar 1939 wurde er dann in London u. a. von Neville Finzi, einem der führenden Röntgenologen Großbritanniens, behandelt. Nach mehreren Sitzungen diagnostizierte im Mai der Oralchirurg George Exner, der u. a. in Wien bei dem Kieferchirurgen Hans Pichler studiert hatte, "erneute Krebsrezidive, hält eine Operation aber nicht mehr für angezeigt. Es wurde Radium mit Hilfe einer Prothese 2 Stunden pro Tag gegeben, daneben tiefe Röntgenbestrahlung. Die Geschwulst ist zurückgegangen, aber Metastasen sind aufgetreten". Im Juli und August bemerkte Freuds Leibarzt Max Schur verdächtige Läsionen in Freuds Mundhöhle und konnte Pichler, der Freuds Gaumenkrebs zwischen 1923 bis 1936 schon mehr als 30-mal operiert hatte, dazu überreden, persönlich nach London zu kommen und Freud zu untersuchen. Pichler traf am 7. September in London ein und stellte in einer gleich darauf anschließenden Untersuchung fest, daß operiert werden müsse. Die Operation am Tag darauf überstand Freud gut, den ganzen Monat jedoch sollte er nicht mehr erleben.

Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf; stellenweise gering fleckig und mit zwei kleinen alt hinterlegten Einrissen im Mittelfalz.

References

Christfried Tögel, "Freud-Diarium" (Online-Version), S. 454.

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